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CDU/CSU: Diestel entlassen

■ Mehrere Unionspolitiker fordern die Entlassung des Innenministers / Stolperstein Markus Wolf

Berlin (ap/taz) - Innenminister Peter-Michael Diestel ist in die Schußlinie führender Unionspolitiker aus Bonn geraten. Der deutschlandpolitische Sprecher der CDU/CSU, Eduard Lintner, appellierte gestern an die Schwesterpartei: „Die DSU in der DDR muß sich jetzt ernsthaft überlegen, ob Diestel weiterhin als Innenminister tragbar ist oder abgelöst werden muß“. Vorwurf: Diestel habe sich mit Peter Müller einen SED-Mann als Staatssekretär geholt. Der CSU -Politiker fuhr fort: „Schlimmer noch: Diestel will den ehemaligen DDR-Spionagechef Markus Wolf als Berater in die Regierungskommission zur Auflösung der Stasi holen. Über solche Entscheidungen kann ich nur den Kopf schütteln.“ Diestel müsse an seine Wahlkampfversprechungen erinnert werden, daß die DSU mit dem Staatssicherheitsdienst aufräumen werde. Jetzt mache er das Gegenteil.

Stolpern könnte der schwarze Innenminister damit über seine Aussagen bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, wonach er mit dem früheren Spionagechef eine längere Unteredung geführt hat. Im Pressegespräch war er unter anderem gefragt worden, ob er eine Mitarbeit Wolfs an der ihm unterstehenden Regierungskommission zur Auflösung der Stasi beteiligen würde, wenn dieser nur wollte. Nach einem ziemlichen Eiertanz („müßte ich genau prüfen“ und ähnliches) hatte Diestel eine solche Beteiligung nicht kategorisch ausgeschlossen. Gegen Wolf als ehemaligen Agentenchef liegt in der Bundesrepublik ein Haftbefehl vor. Wolf habe ein Leben lang die demokratische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland bekämpft und sich schwerer Verbrechen an Deutschen schuldig gemacht, erklärte Lintner. Außerdem habe er Teile des DDR-Spionagedienstes den Sowjets übergeben. Das aber hatte Diestel am Mittwoch abgestritten. Lintner über Diestel: „Ich bin fassungslos“.

Nach Lintner schoß sich der Generalsekretär der Bonner CDU Rühe ein: Diestel solle sich darauf konzentrieren, „endlich die Mauer abzureißen und die Spalterflagge im Beratungszimmer der DDR-Regierung zu entfernen“.

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