: Erster „Anti-Kolonial-Elefant“
■ Kolonial-Denkmal neu eingeweiht / Namibisches Freiheitsfest nach 106 Jahren Versklavung
Zum zweiten Mal erlebte der steinerne Elefant an der Hermann -Böse-Straße gestern seine Einweihung: Am 7. Juli 1932 war er mit Blaskapelle, „Deutschland, Deutschland über alles“ und Fahnehissen von der „Deutschen Kolonialgesellschaft“ dem Andenken an die deutschen Gefallenen des Überfalls auf Afrika gewidmet worden; gestern sang der Bremer „SWAPO-Chor“ auf den Stufen des frisch restaurierten Elefanten die Nationalhymne des nach 106 Jahren Kolonialherrschaft befreiten Namibia, und das alte Kolonialdenkmal wurde zum ersten deutschen „Anti-Kolonial-Denkmal“ umgewidmet.
„Die Phase des deutschen Kolonialismus war vergleichsweise kurz, aber dafür in den gut drei Jahrzehnten extrem brutal“, sagte Bürgermeister Wedemeier unter den Fahnen von Bremen und Namibia, die gestern nebeneinander flatterten. Immerhin hatte die Versklavung der Völker des südwestlichen Afrika mit dem Landraub des Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz begonnen, der 1884 von Reichskanzler Bismarck militärischen Schutz erhielt. „Kein Kontinent unserer Erde ist durch den europäischen Kolonialismus derart zerstückelt,
ökonomisch und ökologisch zerstört und in seiner Identität verletzt worden wie Afrika“, ergänzte Wedemeier.
Daß es damit allerdings auch in einer Stadt mit „Anti -Kolonial-Denkmal“ noch nicht vorbei ist, belegten die Solidaritätsgruppen, die ihre Stände rund um den steinernen Elefanten aufgebaut hatten. „Apartheid tötet, deutsche Banken töten mit“, hieß es da zum Südafrika-Geschäft von Deutscher, Commerz- und Bremer Bank.
Zur vollen Selbständigkeit der ehemaligen Kolonien fehle noch die „Überwindung der gegenwärtig gültigen weltwirtschaftlichen Unrechtsstrukturen“, bestätigte denn auch der Bremer Bürgermeister, konkreter wurde er jedoch gestern nicht. Dafür zog er mit, als es galt, den Elefanten von den symbolischen Fesseln „Imperialismus“, „Ausbeutung“ und „Analphabetismus“ zu befreien. Daß auch „Daimler“ und „Shell“ auf einigen der Bänder stand, übersah das Aufsichtsratsmitglied der Waffenschmiede MBB vorsichtshalber.
Um so kräftiger danach sein Lob für die Solidaritätsgruppen und MitarbeiterInnen des Bremer „Namibia-Projekts“. Und auch
für die Befreiung der letzten afrikanischen Kolonie, der marokkanisch besetzten Westsahara, wünschte Wedemeier viel Erfolg.
„Afrikas Menschen haben unter großen Opfern in Befreiungskämpfen erfolgreich Widerstand geleistet“, steht nun auf der Tafel, die über den Weg des „Kolonial-Elefanten“ zum „Anti-Kolonial-Elefanten“ informiert. Einige namibische StudentInnen
waren gestern zur Unabhän gigkeitsfeier ihres „geliebten Landes“ gekommen. „Afrika hat in Bremen neue Freunde gefunden,“ behauptet denn jetzt auch die Gedenktafel am Elefanten. Nebenan präsentierte unterdessen am eigenen Stand eine Zigarettenmarke, was sie unter Völkerfreundschaft versteht: „Come together - Peter Stuyvesant“.
Ase
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen