Christ oder Krause?

■ Die 495-DM-Schote des Staatssekretärs / Was ist eine christliche Politik? / Die unerforschlichen Wege des Herrn

Als Staatssekretär Dr. Krause vergangenen Mittwoch im Pressezentrum vor versammelter Korrespondentenschaft seine 495-DM-Zuckererbse aus der Staatsvertragsschote polkte (und sie demagogischerweise fortwährend mit den 330 Mark Mindestrente der Vorwendezeit verglich und einfach sanft unterschlug, daß man in der DDR mit 330 Mark immerhin existieren konnte, was sich bei den geplanten 495 DM erst noch zeigen müßte...), konnte er es sich nicht verkneifen, das mit Bonn ausgehandelte Mindesteinkommen als einen Akt christlicher Politik zu charakterisieren.

Nun weiß man inzwischen, daß sich Herr Krause schon dreimal selber gestreichelt hat, ehe er vor die Öffentlichkeit trat

-er weiß sich wohl zu schätzen -, doch das hohe „C“ im Namen seiner Partei war in der Tat bisher immer etwas zu kurz gekommen, propagandistisch jedenfalls. Doch irgenwie muß Staatssekretär Krause diese Angelegenheit auch jetzt noch zu sehr nebenher abgewickelt haben, denn als ich tags darauf die Presseorgane durchblätterte, stellte ich fest, daß die Worte von der „christlichen sozialen Politik“ nicht ihren Weg in die Medien gefunden hatten. Die nahm einfach kein Korrespondent wichtig, sie wurden wohl quasi für krauses Zeug gehalten.

Übrigens: Mein Bäcker, privat, der noch mit subventioniertem Mehl seinen Teig anrührt, hat den Preis für Pfannkuchen um fast 100 Prozent erhöht. Er ist, der Bäcker, ein eifriger Christ und Kirchgänger. Wollte nur sagen: Die Wege des Herrn sind unerforschlich. Und die von Herrn Krause wahrscheinlich auch.

Wolfgang Sabath