: Die deutsche Einheit als „Geschenk Gottes“
■ Katholikentag begann mit Herdenauftrieb und Grußwort aus Rom
Berlin (taz) - Rund 70.000 KatholikInnen aus allen deutschen Landen feierten am gestrigen Himmelfahrtstag im Berliner Olympia-Stadion die erste gesamtdeutsche Messe seit 1958. Es war dies der erste Höhepunkt des 90. Deutschen Katholikentages, der mit rund 126.000 TeilnehmerInnen, 35.000 davon aus der DDR, noch bis Sonntag andauern wird. Die Tatsache, daß die Hauptversammlung der katholischen Laien ausgerechnet in der zukünftigen Hauptstadt stattfindet, hatte der Papst höchstselbst bei der Eröffnung am Mittwoch als „Geschenk Gottes“ bezeichnet. In einer vom Berliner Bischof Sterzinsky verlesenen Grußwort forderte das Kirchenoberhaupt die Gläubigen auf, sich nach der Überwindung von „marxistischer Entfremdung“ nun nicht in „Konsumismus und Materialismus“ zu verlieren. Ähnlich äußerten sich auch andere VertreterInnen der Christenschaft, wie der Bundeskanzler („Die Christen haben wesentlich zu den grundlegenden Veränderungen im Osten beigetragen“) und die Präsidentin des Zentralkomitees der Katholiken Waschbüsch („Jetzt sind wir wieder eins und wir sind es in Freiheit“).
Gleichzeitig wurde die frohe Botschaft verkündet, daß der Papst voraussichtlich 1992 den ostdeutschen Boden Gesamtdeutschlands küssen wird, der erste echte neudeutsche Katholikentag soll 1994 in einer ehemaligen DDR-Stadt stattfinden.
Neben dem offiziellen Katholikentag, der mit Superlativen wie 800 anrollenden Bussen, 16.000 Gratis-Privatquartieren und täglich 82.000 Mittagessen aufwartet, findet unter eigenem Dach auch der „Katholikentag von unten“ von rund 60 katholischen Basisgemeinden statt. Die oppositionellen Gruppen kritisieren die verkrusteten Strukturen der Kirche und behandeln Themen wie multinationale Konzerne, Umwelt, Sexualität und Frieden.
Gegen den Kirchentag tritt während der vier Tage auch ein atheistisches Bündnis mit dem Namen „Es rettet uns kein höh'res Wesen“ auf. Es parodiert heute auf dem Ku'damm einen „Großen Heiligen Umzug“.
kotte
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