Mit der Säge an die Mauer

John Runnings gibt nicht auf. Als die Mauer noch stand, sprang er hinüber und herüber, wollte mit spektakulären Maueraktionen die ganze Welt über das Unrecht im Osten aufklären. Unvergessen sein Mauerballett auf den asbestverseuchten Röhren vor einigen Jahren am Potsdamer Platz. Grepos zerrten ihn auf den Todesstreifen, erst diplomatische Aktivitäten holten ihn aus dem DDR-Knast. Nur die amerikanische Staatsbürgerschaft und sein solides Alter schützten den „Mauerspringer“ vor monatelanger Haft. Jetzt ist die Mauer fast weg, aber von seinem Lebenswerk kann er nicht lassen. Vergangene Woche blockierte er den Verkehr am Checkpoint Charlie, um für eine „Welt ohne militärische Grenzen“ zu demonstrieren. Die Grepos kannten ihn inzwischen, er wurde Ostberliner Medizinern zur psychatrischen Untersuchung übergeben und Tage später in den Westteil abgeschoben. Gestern schlug er erneut zu und wieder am Checkpoint Charlie. Mangels Mauer sollte ein viersprachiges Sektorenschild dran glauben. Er wurde beim Absägen erwischt, das Werk blieb unvollendet.

aku