Dieters Digest

■ Nachrichten aus der Berliner Uni-Szene / „Uni Topia“ verwirrt Studenten in Ost und West

Die Hochschulen sind nicht mehr die Avantgarde der Gesellschaft. Da werkeln Wolkenschieber ohne Handlungsbezug mit beliebigen Theorien und bilden Fachidioten aus. Ganzheitliches und Sinnliches bleibt auf der Strecke... Jetzt schlägt der Bauch zurück, mit „Uni Topia“, dem Studentenkongreß, von heute bis Dienstag an der Humboldt -Uni, von „A“ wie Arbeitszeitverkürzung über „E“ wie Eros bis „U“ wie Utopie. Argwohn handeln sich die aus Ost und West zusammengewürfelten Uni-Topia-Studis mit der Veranstaltung über Okkultismus ein („Workshop gegen die Unwissenheit“, Sonnabend, 11 Uhr). So genau wüßten sie nicht, was da geschehen würde, sagt Mitorganisatorin Stützel, im sechsten Gartenbau-Semester an der West-TFH.

Zudem wird zwischen „Instinkte des Homo sapiens“ (Sonntag, 10 Uhr) und „Matriarchat in Sumatra“ (Sonnabend, 13 Uhr) auch Vertrautes geboten: Feten am Samstag (FU), Sonntag und Montag (HU); eine Video-Dokumentation über den Uni-Streik '88 (Sonnabend, 15 Uhr).

Die Streik-Studi-Generation sei inzwischen aus den Unis verschwunden, weiß Wissenschaftssenatorin Riedmüller. Und wohin? In die Urania. Dort haben sie am Montag anläßlich eines Riedmüller-Auftritts „den Saal gestürmt“ und „irgendwas verlesen“: Proteste gegen den NC und die Forderung nach „Bildung für alle“.

Das ist jetzt gelaufen. FU-Präsident Heckelmann leitet das Zulassungsverfahren für das WS ohne NC ein, dann wird Riedmüller einen NC zwangsverfügen, auf dem Überlast-Niveau der letzten zwei Jahre und gültig für ein Jahr. Heckelmann wiederum weiß das und ist insgeheim zufrieden.

Als noch so ein Überlebenskünstler ohne Scheu vor Peinlichkeiten profiliert sich zur Zeit der Präsident der Westberliner Akademie der Wissenschaften, Prof. Horst Albach. Seitdem der rot-grüne Senat die umstrittene Altherren-Denkstätte auf die Abschußliste gesetzt hat, läßt Albach nichts unversucht, sie zu retten. Nun will er sie mit der Ostberliner Akademie vereinigen - eine Idee, die selbst Anhänger der West-Akademie naserümpfend zur Kenntnis nahmen. Als einfache Mitarbeiter werden sich Albachs Akademieprofessoren mit Ost-Berlin gewiß nicht vereinigen lassen wollen. Die erlauchten Akademiker West also springen mit einem Satz an die Spitze der Akademie Ost? Albach hätte zwar seine Akademie nicht gerettet, dafür aber seiner Honoratiorenriege einen adäquaten Posten. Preisfrage, wer bei dieser sogenannte Vereinigung der „geeignete“ Präsident wäre...

Dieter Hufutu