: „Argus„-Augen für Potsdam
■ Mit SPD/CDU will das Bündnis Neues Forum/Argus die Probleme der Potsdamer lösen / Bürgerbewegungen verantworten Bau-, Umwelt- und Kulturpolitik
Potsdam. Was in Berlin nicht gelang, proben jetzt die Bürgerbewegungen Neues Forum/Argus in Potsdam: die große Koalition mit SPD und CDU. Die StadträtInnen für Bau- und Wohnungsverwaltung, Umweltschutz und Kultur kommen aus den Reihen der Bürgerbewegung. Mit knapp 17 Prozent der Wählerstimmen und 19 Sitzen in der Stadverordnetenversammung liegt das Bündnis Neues Forum/Argus gleichauf mit der CDU.
„Argus“, die Arbeitsgemeinschaft für Umweltschutz und Stadtgestaltung, kämpft seit zwei Jahren gegen die Abriß und Neubaupolitik in der Potsdamer Innenstadt. Die Bausubstanz wurde erfaßt, der kulturhistorische Wert der Häuser ermittelt und ein Abrißstop durchgesetzt. Argus untersuchte die ständig brennenden Müllcontainer in der Stadt und entwickelte ein Konzept zur Mülltrennung. Bei der Inbetriebnahme des umstrittenen Forschungsreaktors am Hahn -Meitner-Institut wurde eine Anhörung der Potsdamer BürgerInnen erreicht.
Ute Platzek, Stadträtin für Umwelt- und Naturschutz, wird in der großen Koalition für die Durchsetzung der Argus -Konzepte kämpfen.
Detlef Kaminski, der neue Stadtrat für Bau- und Wohnungswesen, setzt zur Behebung der Wohnungsnot (zur Zeit sind 9.000 Wohnungssuchende gemeldet) neben dem gemeinnützigen Wohnungsbau vor allem auf Umverteilung und Rettung von Wohnraum in der Innenstadt. Das Neue Forum hatte über 1.000 leerstehende Wohnungen ermittelt. Die Stadrätin für Kultur, Saskia Hüneke, die das kulturelle Erbe der Stadt retten will, muß sich zunächst mit einem Problem der Neuzeit befasen. An Stelle der Altbauten wird vielleicht eine Kulturstätte im Rohbau zum Abriß freigegeben, in die bereits 25 Mio. Mark investiert wurden: der Theaterneubau am Alten Markt, dessen Design die Eleganz eines U-Boot-Rumpfes besitzt, versperrt die Sicht auf die Nikolaikirche und das barocke Rathaus. Noch wird nach den alten Plänen weitergebaut - der im Koalitionspapier festgeschriebene Baustopp kann erst bei der 1. ordentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung erwirkt werden. Dann soll überprüft werden, ob der Betonklotz städtebaulich und architektonisch zu verantworten ist. Wenn nicht, wird er abgerissen, obwohl das Ensemble des Hans-Otto-Theaters dringend neue Räume braucht.
Eine klare Absage hat Detlef Kaminski bereits den Hotelketten erteilt. Die Hotelbebauung soll sich in die Stadtarchitektur einfügen. Preisdiktate müssen verhindert werden. Um den spekulativen Verkauf von Häusern und Grundstücken zu verhindern, ist im Koalitionspapier festgelegt, daß kommunales Eigentum nicht gegen den Willen einer Fraktion verkauft werden kann.
Claudia Haas
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