„Linksruck“ bei den Betriebsratswahlen

■ „Kritische Gewerkschafter“ bei MBB, AEG, Seebeck und Klöckner erfolgreich / Verfahren gegen den Ex-MBB-Betriebsratsvorsitzenden Ladewig

Einen „Linksruck“ hatten Bremer Gewerkschafter schon nach den letzten Betriebsratswahlen 1987 festgestellt. Nach dem 31. Mai, dem offiziellen Ende der diesjährigen Wahlen, hat sich das gute Ergebnis der „kritischen Gewerkschafter“ vor allem in den großen Metallbetrieben nochmal verbessert. Waren es vor Jahren noch kleine Gruppen „linker“ Gewerkschaftsoppositioneller, die zum Beispiel bei Daimler gegen die träge IG-Metall-Mehrheit kandidierten und dafür Ausschlußverfahren bekamen, sind es jetzt die „rechten“, sozialdemokratischen Gewerkschafter, die nicht nur in Minderheitenpositionen geraten, sondern nun selber von Gewerkschaftsverfahren bedroht sind.

So zum Beispiel bei der Deutschen Airbus, früher MBB. Der langjährige Betriebsratsvorsitzende Ludwig Ladewig fiel bei der Betriebsratswahl mit seiner „rechten“ Oppositionsliste durch - sie konnte nur vier von insgesamt 23 Betriebsratsmandaten erringen - und muß sich nun wegen gewerkschaftsschädlichen Ver

haltens verantworten. Die IG-Metall-Mehrheit im Betrieb hat ein „langjähriges Funktionsverbot“ gegen Ladewig und seine Mitstreiter beantragt. Einen Gewerkschaftsausschluß, wie er früher zum Beispiel gegen die „Kollegen von Daimler“, Jürgen Drieling und Klaus Wessels, verhängt worden war, wünscht sich der neue Airbus-Betriebsratsvorsitzende Uwe Neuhaus allerdings nicht. „Wir wollen jetzt nicht den gleichen Fehler andersherum machen“, sagt Neuhaus, der im Betriebsrat über eine 15:8 Mehrheit verfügt.

Profitiert haben die „kritischen Gewerkschafter“ bei der Deutschen Airbus (3.600 Beschäftigte) auch von der Daimler -MBB-Fusion. Durch die Abspaltung der knapp 1.000 Beschäftigten der Marine- und Sondertechnik (MSG), die jetzt zum Bremer Vulkan gehört, ging ein traditionell eher „rechter“ Bereich verloren. Das zeigt sich auch am Wahlergebnis bei MSG: Die IG Metall geriet mit vier von elf Betriebsratsmandaten in die Minderheit. Zwei Sitze holte die DAG und

vier die Liste WUM, in der sich ausgetretene IG-Metaller zusammengefunden haben, die stärker auf Kooperation mit der Geschäftsleitung setzen, als es ihrer Gewerkschaft lieb war.

„Bei der MSG wird jetzt zu 95 Prozent Rüstung produziert“, nennt Uwe Neuhaus einen weiteren Grund für das schlechte Abschneiden der IG Metall in dem ehemaligen Betriebsteil von MBB. Der neue Airbus-Betriebsratsvorsitzende Neuhaus gehört selber zu den Gründern des „Arbeitskreises alternative Fertigung“, in dem seit zehn Jahren an konkreten Vorschlägen zur Rüstungskonversion in seinem Betrieb gearbeitet wird. „Der Arbeitskreis hat jetzt Rückenwind, aber es mangelt immer noch an der konkreten Umsetzung“, weiß Neuhaus. Schließlich ist die Deutsche Airbus mit den Aufträgen zur Flügelproduktion noch über Jahre ausgelastet. Für die Suche nach „sozial nützlichen Produktalternativen“ gibt es deshalb keinen drängenden ökonomischen Grund.

Neben der MSG ist die Telefun

ken-System-Technik künftig der einzige Bremer Metall-Betrieb ohne IG-Metall-Mehrheit. Eine ähnliche Entwicklung wie bei der Deutschen Airbus gab es dagegen auch bei Lloyd-Dynamo, ehemals AEG. Auch dort verlor der unternehmerfreundliche alte Betriebsrat seine Mehrheit an eine „linke“ IG-Metall -Liste.

Und auch bei Klöckner wurde das seit Jahren führende „linke Bündnis“ auf der IG-Metall-Liste noch weiter gestärkt. Zu ihren 27 von insgesamt 29 Betriebsräten gehören auch wieder vier türkische Kollegen. Auf dem Bremer Vulkan konnte die alternative „Echolot-Gruppe“ in der IG Metall noch ein Mandat auf insgesamt fünf zulegen, und ihr Sprecher Fritz Bettelhäuser erreichte wieder das beste Einzelergebnis aller Betriebsratskandidaten. Die Mehrheit bleibt jedoch mit 16 Mandaten weiterhin bei der „rechten“ IG-Metall-Mehrheit um den Betriebsratsvorsitzenden Schönberger. Auf der Bremerhavener Seebeck-Werft wurde jetzt dagegen mit Holger Pflaumbaum ein Betriebsratsvorsitzender ge

wählt, der bis zum letzten Jahr noch der DKP angehörte.

Eine Veränderung, die „insgesamt nach links“ geht, hat auch

die Bremer IG-Metall-Bezirks leitung registriert. Die nächsten Betriebsratswahlen finden in vier Jahren statt.

Dirk Asendorpf