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Trotz Personalmangels einsatzbereit

■ Der Ostberliner Volkspolizeipräsident Dirk Bachmann äußerte sich zur künftigen Struktur und Aufgabenstellung seiner Behörde / Überwachung von Westreisenden habe „keine Berechtigung“ mehr

Ost-Berlin. Nachdem die Volkspolizei durch die verschiedenen randalehaften Ausschreitungen der letzten Wochen wieder mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten ist, sieht der Ostberliner Polizeipräsident Dirk Bachmann für die Mehrheit der Polizisten in der Stadt eine gute Chance, im Amt zu bleiben. Der 42jährige erklärte am Freitag gegenüber 'adn‘, Einsatzfreude, Sach- und Fachkompetenz sowie politische Loyalität sollten künftig entscheiden, wer Polizist sei und bleibe. Aus 23 Jahren eigener Erfahrung in den Reihen der Volkspolizei sprach er sich dafür aus, Polizisten künftig in einer Lehrausbildung mit dem nötigen Rüstzeug für ihren Beruf zu versehen und sie nach einer gewissen Probezeit in den Beamtenstatus zu übernehmen.

Bachmann bedauerte die „nicht sehr große Bereitschaft“, Polizist zu werden. 750 Planstellen seien gegenwärtig unbesetzt. Befürchtungen, nach denen die Sicherheit nicht mehr gewährleistet wäre, trat er allerdings entschieden entgegen. Einsätze über den Dienstplan hinaus würden den Mangel an qualifizierten Ordnungshütern wenigstens teilweise ausgleichen. Durch soziale Sicherheit, solide Ausbildung und weniger Verwaltungsarbeit wolle man nun das Berufsbild attraktiver machen und neue Kräfte gewinnen.

In der Ostberliner Kripo sei die Umstrukturierung abgeschlossen. Neue Dezernate und Referate beschäftigen sich nun mit bislang ungekannten oder ungenügend berücksichtigten Erscheinungen wie Rauschgift-, Umwelt-, Wirtschafts- und organisierter Kriminalität, Extremismus, Spekulation. Bachmann kündigte an, daß bis Jahresende die elf Volkspolizeiinspektionen zu einer kleineren Zahl von Direktionen zusammengelegt würden. Hierbei habe das Westberliner Vorbild Pate gestanden.

Auf dem Weg zur selbständigen zivilen Einrichtung sei die Feuerwehr, die ab Juli aus einer Brandschutzdirektion sowie drei derartigen Ämtern für jeweils mehrere Stadtbezirke bestehen solle. Noch ungeklärt sei der Platz des Notarztsystems, das in Ost-Berlin beim Rettungsamt, im Westteil bei der Feuerwehr angesiedelt ist.

Auch der Absschnittsbevollmächtigte (ABV) werde künftig ähnlich dem Westberliner Kontaktbereichsbeamten verstärkt mit Ermittlungen bei Straftaten betraut und könne mehr als bisher vorbeugend tätig sein. Manches, was ihn lange Jahre belastete, wie die Überprüfung von Westreisenden und „Betreuung“ von unter Polizeiaufsicht stehenden Bürgern, habe keine Berechtigung mehr. Bereits seit Monatsbeginn gibt es zwei Einsatzgruppen der Schutzpolizei, die speziell ausgerüstet und ausgebildet gegen Gewalttäter vorgehen werden. Voraussichtlich bis Jahresende gehe der Strafvollzug in die Verantwortung des Justizministeriums über.

dpa

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