: BND kannte Albrechts Aufenthalt
■ Nach einer Fernsehsendung wurde die ehemalige RAF-Angehörige laut 'Stern‘ in der DDR erkannt/ Arbeit als Dozentin an Hochschule in Köthen/ Fünf weiter Ex-RAFler in der DDR?
Berlin (taz) - Der Bundesnachrichtendienst (BND) wußte seit zwei Jahren, daß sich die in der vergangenen Woche in Ost -Berlin festgenommene Susanne Albrecht in der DDR aufhält. ArbeitkollegInnen der damals unter dem Namen Ingrid Becker in Köthen (Bezirk Halle) lebenden RAF-Aussteigerin hatten sie nach einer ARD-Fernsehsendung über den „Deutschen Herbst“, 1977, erkannt. Die Dokumentation wurde am 1. Oktober 1987 ausgestrahlt. Einer der Kollegen erklärte nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik dem BND, Susanne Albrecht unterrichte an der Ingenieur-Hochschule in Köthen Deutsch für Ausländer. Das berichtet der 'Stern‘ in seiner neuesten Ausgabe.
Nach Angaben des Hamburger Magazins sei die ehemalige RAF -Angehörige 1980, auf Vermittlung des militanten Palästinenser-Führers Wadi Haddad, in die DDR eingebürgert worden. Zunächst habe sie unter dem Namen Ingrid Jäger als Assistentin an der Ingenieur-Hochschule Cottbus gearbeitet. Dort lernte sie ihren späteren Mann, den Diplomphysiker Claus Becker, kennen, den sie im November 1983 heiratete. Im August 1984 wurde ein Sohn (nicht wie berichtet eine Tochter) geboren. Später zog die Familie nach Köthen.
Eine Dozentin, die in ihrer Kollegin nach der genannten Fernsehsendung Susanne Albrecht erkannt habe, informierte laut 'Stern‘ sogar die SED-Parteileitung über den Verdacht. Daraufhin sei sie zur Staatssicherheit bestellt worden, wo man ihr erklärte, es müsse sich um eine Verwechslung handeln. Daraufhin sei die Familie Becker sofort aus Köthen weggezogen - angeblich nach Dresden, tatsächlich nach Berlin -Marzahn.
Unterdessen will die 'Bild-Zeitung‘ herausgefunden haben, daß mindestens fünf weitere „Terroristen der Rote Armee Fraktion“ in den letzten Jahren in der DDR eine neue Existenz aufbauen konnten. Unter Berufung auf einen ehemaligen Stasi-Offizier heißt es in dem Blatt weiter, die Gesuchten hätten die Identität von Verstorbenen erhalten. Dafür hätten sie sich schriftlich verpflichten müssen, künftig nicht mehr an Gewaltaktionen teilzunehmen. Außerdem sei ihnen eine „Lebensbeichte“ abverlangt worden, in der sie ihre Kenntnisse über die RAF mitteilen mußten. Die DDR habe sich auch ihre Verbindungen zu arabischen Untergrundorganisationen zunutze gemacht.
gero
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