: Streit über Bodenwaschanlagen
■ Steglitzer AL-Stadtrat Bensel kritisiert Eilgenehmigung / SPD-Bausenator Nagel will sieben Anlagen durchpauken
Über das Konzept zur Entsorgung des hochgradig verseuchten Bodens auf dem Grundstück der früheren Lankwitzer Lösungsmittelfirma Kalisch/Kolhoff an der Haynauer Straße gibt es jetzt einen heftigen Streit zwischen dem Steglitzer Gesundheits- und Umweltschutzamt und Bausenator Nagel (SPD). So kritisierte gestern der bezirkliche Gesundheitsstadtrat Dr. Udo Bensel (AL) bei einem Vor-Ort-Pressegespräch des Senators, daß Nagel auf Westberliner Gebiet insgesamt sieben neue Bodenreinigungsanlagen ohne ordentliches Planfeststellungsverfahren mit Bürgerbeteiligung genehmigen wolle. Dazu zählten im Bezirk auch eine projektierte Anlage auf dem Kalisch-Gelände und drei weitere auf einem ehemaligen Grundstück der Zehlendorfer Spinnstoffabrik an der Wupperstraße. Die Anlagen in einem sogenannten vereinfachten Verfahren zu genehmigen, sei „juristisch fragwürdig“, meinte Bensel. Er wies darauf hin, daß schon die beiden vorhandenen Bodenwaschanlagen unausgelastet seien und im Regionalausschuß diskutiert werde, für die rund 40.000 Tonnen jährlichen Bodenaushubs und Bauschutt in Berlin ein neues Bodenreinigungscenter am Stadtrand zu errichten. Nagel behauptete demgegenüber, daß auch die Umweltverwaltung eine mit Mitteln des Bonner Forschungsministers zu finanzierende Bodenreinigungsanlage in Lankwitz ohne Planfeststellungsverfahren für „genehmigungsfähig“ halte. Dies bestritt der Referent in der Umweltverwaltung, Schwilling, jedoch nachdrücklich. Im Rahmen der Grundstückssanierung wird in Lankwitz ab heute zunächst ein rund 600 Quadratmeter großes „einschossiges Produktions- und Bürogebäude“ abgerissen. Hervorgerufen durch einen Jahre zurückliegenden Brand fanden sich in dessen Mauerwerk Spuren verschiedener Dioxin- und Furanverbindungen. In den letzten Monaten errichteten Firmen um das alte Produktionsgebäude deshalb eine staubdichte Stahlblechhalle, in der mit 20 Pascal Unterdruck gearbeitet werden kann.
Im kommenden Frühjahr soll mit der eigentlichen Sanierung des Grundstücks begonnen werden. Es ist in 20, stellenweise sogar bis in 50 Meter Tiefe verseucht. Die hochgiftigen Schadstoffe - Mineralöle, aromatische und chlorierte Kohlenwasserstoffe sowie polychlorierte Biphenyle (PCB) reichen mithin tief in die Grundwasserschichten. Wie tief der Boden ausgehoben werden muß, ist unterdes noch nicht klar. Die Gesamtkosten der Sanierung bezifferte Nagel gestern auf rund 68 Millionen Mark.
thok
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen