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Ein Spektakel in Grenzen

■ Uruguay kommt gegen die furchtsamen Spanier nicht über ein 0:0 heraus

Udine (taz) - „Bei uns kommt jetzt erst das Ergebnis und dann das Spektakel, das gefällt mir“, sagte der Brasilianer Alemao nach dem glanzlosen 2:1-Sieg gegen Schweden. „Dieses Brasilien gefällt mir nicht“, antwortete Pele und fügte hinzu: „Sie vergessen, daß man auch schön spielen und gewinnen kann.“

Einen Weg, der dem Brasiliens genau entgegengesetzt verlief, ist in den letzten vier Jahren Uruguay gegangen. Jahrelang waren die Männer vom Rio dela Plata für ausufernde Brutalität und defensiven Zerstörungsfußball berüchtigt, nun aber haben sie wieder Spaß an jener Verspieltheit gefunden, die sie 1930 und 1950 zu Weltmeistern machte. „Heute spielen wir auch für das Spektakel“, sagt Regisseur Enzo Francescoli, und Pele wird es gern hören. Gegen Spanien sollte die neugewonnene Spiellust, die in den Vorbereitungsspielen bereits aufblitzte, erstmals im Ernstfall erprobt werden, doch das Vorhaben scheiterte am blamablen Destruktionsfußball der Spanier. Deren Trainer hatte dem österreichischen Schiedsrichter Helmut Kohl (Keine Witze mehr über diesen Namen!) vorher eingedenk der mexikanischen Kloppereien Uruguays vor vier Jahren noch einmal eindringlich ins Gewissen geredet, hart durchzugreifen, was „el maestro“ Tabarez zu der Bemerkung veranlaßte: „Es wird sich auf dem Spielfeld erweisen, wer mehr tritt.“

Es erwies sich, daß es die Spanier waren (Foulbilanz: 23:17), und das lag vor allem am kleinen Ruben Sosa. Jedesmal, wenn er den Ball bekam, herrschte Großalarm in der spanischen Abwehr. In der 30.Minute spielte er nach einem famosen Solo in perfekter Manier den 34jährigen Antonio Alzamendi frei, der sofort einen trefflichen Schuß abgab, den Torwart Zubizarreta an die Latte lenkte. Kurz nach der Halbzeit scheiterte Sosa mit einem Schrägschuß am Keeper.

Die Spanier zeigten nur anfänglich einen Anflug von Gefährlichkeit, als sie erbarmungslos die Unbeweglichkeit der knorrigen uruguayischen Abwehrspieler aufdeckten. Danach war von ihnen nichts mehr zu sehen. Nicht Feigheit, Respekt sei es gewesen, so Coach Suarez zugab. Uruguays Torwart Alvez sah es mit Vergnügen. Während des gesamten Spiels bekam er keinen einzigen Ball zu halten. Die beste Phase im Spiel der Südamerikaner lag zwischen der 30. und 60. Minute, als Sosa und Francescoli ihren Zauberkasten einen Spalt öffneten und dem althergebrachten Doppelpaß zu neuer Blüte verhalfen. Doch die größte Chance vergab dann ausgerechnet Sosa, der einen Elfmeter direkt in die Wolken schoß.

Als die Spanier sich nur noch um den eigenen Strafraum aufhielten, verflachte das Spiel. Der Schlußpfiff ging in dem Pfeifkonzert unter, das die Zuschauer im Friuli-Stadion dem ersten 0:0 des Turnieres verabreichten.

Matti Lieske

Uruguay: Alvez - Herrera, Gutierrez, de Leon, Dominguez - Perreira (65. Correa), Perdomo, Ruben Paz Alzamendi (65. Aguilera), Francescoli, Ruben Sosa

Spanien: Zubizarreta - Andrinua - Chendo, Sanchis, Jimenez - Martin Vazquez, Michel, Roberto, Villaroya (78. Paz) - Butragueno, Manolo (78. Gorriz)

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