: Hannover wird zur Expo-Baustelle
Weltausstellung 2000 findet in Hannover statt / 40 Millionen BesucherInnen stehen ins Haus / Stadtzerstörung unter ökologischem Motto / Die Grünen haben im Zeichen der rot-grünen Koalition ihre Gegenwehr aufgegeben ■ Aus Hannover Hannes Koch
Die Weltausstellung im Jahr 2000 (Expo 2000) wird in Hannover stattfinden. Das haben am Donnerstag die Mitgliedsstaaten des Internationalen Weltausstellungsbüros in Paris entschieden. Die Ausstellung steht unter dem Motto „Mensch - Natur - Technik“. Hannover muß sich darauf einstellen, daß im Jahr 2000 von Juni bis Oktober 35 bis 40 Millionen TouristInnen die Stadt heimsuchen - nach Schätzungen 250.000 pro Tag.
Die Stadtverwaltung Hannovers plant, 300 Hektar ökologisch wertvoller Grünfläche im Süden der Stadt für die Mammutausstellung zu opfern. Ganz im Gegensatz zum Ausstellungsmotto sind die Verbreiterung der Stadtautobahnen und der Ausbau des Flughafens geplant. Bei der hannoverschen Bauverwaltung sind Überlegungen im Gange, riesige Parkplätze am Stadtrand anzulegen und neue Straßenschneisen durch die Wohngebiete zu schlagen. Eine neue Intercity-Strecke der Bahn ist genauso im Gespräch wie eine Seilbahn vom Flughafen im Norden zum Ausstellungsgelände im Süden der Stadt.
Schon jetzt stöhnt Hannovers Bevölkerung wegen des Ansturms zur jährlichen Messe. Die KritikerInnen der Expo, allen voran das „Aktionsbündnis gegen die Weltausstellung“, weisen darauf hin, daß „Bodenpreise und Mieten in die Höhe schnellen“ werden.
In die Welt gesetzt wurde das Projekt vor drei Jahren von Niedersachsens CDU-Finanzministerin Birgit Breuel und dem Vorstand der Hannover-Messe-Gesellschaft. Bald unterstützten auch die SPD im Landtag und die sozialdemokratische Stadtverwaltung die Planungen. Ablehnend zeigten sich zunächst noch die Grünen. Nachdem sich Hannovers Umweltdezernent Mönninghoff zur konstruktiven Mitarbeit durchgerungen hatte, haben in den Verhandlungen um eine rot -grüne Koalition in Niedersachsen kürzlich auch die Landtagsgrünen ihre Gegenwehr aufgegeben. In der Koalitionsvereinbarung heißt es: „Unter der Beteiligung der Öffentlichkeit soll ein Konzept für eine Weltausstellung entwickelt werden, auf dessen Grundlage eine an Ökologie und Lebensqualität orientierte Stadt- und Regionalplanung realisiert werden kann.“
Hannovers SPD-Chef Jüttner versteht darunter etwa die Umgestaltung der City zur autofreien Zone und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Zusätzliche Straßen will er verhindern. Wie allerdings die 250.000 Besucher pro Tag mit der Straßenbahn zur Expo fahren sollen, bleibt vorerst sein Geheimnis. Bund, Land und Stadt wollen die Kosten der Veranstaltung tragen. Wie hoch diese und vor allem die Verluste sein werden, ist allerdings noch völlig ungeklärt.
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