piwik no script img

Länder Mittelamerikas rücken zusammen

■ Fünf mittelamerikanische Präsidenten beschlossen Wirtschaftsaktionsplan / Hunger als Ursache von Gewalt angeprangert / Internationale Hilfe gefordert / Nicaraguas Armee soll um die Hälfte reduziert werden / Offiziere sollen in den Ruhestand geschickt werden

Antigua (ap/taz) - Die Präsidenten Mittelamerikas haben die Gründung einer Wirtschaftsgemeinschaft beschlossen, mit deren Hilfe die ökonomische Stabilität der Region hergestellt werden soll. Bei ihrer Gipfelkonferenz in Guatemala einigten sie sich am Sonntag abend auf einen Wirtschaftsaktionsplan für Mittelamerika. Der Plan sieht einen Abbau der Handelsbarrieren vor sowie Investitionsanreize in den Bereichen Landwirtschaft und Industrie. Außerdem einigten sich die Präsidenten auf gegenseitige Hilfe beim Aufbau der Infrastruktur und Erleichterungen bei der Zollabfertigung. Ein gemeinsamer Beitritt zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) soll erwogen werden. Innerhalb eines Monats wird ein Ausschuß gebildet, der sich mit dem Schuldenproblem befaßt. Nach drei Monaten soll die Agrarpolitik aufeinander abgestimmt sein. Die Präsidenten forderten internatioale Unterstützung für ihre Pläne.

In Mittelamerika werde es niemals Frieden geben, solange Tausende von Menschen Hunger leiden müßten, sagte der costaricanische Präsident Rafael Calderon. Das mittelamerikanische Volk sei bereit, für sein Überleben zu arbeiten, benötige dazu aber die Hilfe der Industriestaaten. Die Präsidenten - Calderon, Violeta Chamorro (Nicaragua), Vinicio Cerezo (Guatemala), Rafael Callejas (Honduras) und Alfredo Cristiani (El Salvador) - erklärten, es sei an der Zeit, gemeinsam die Wurzeln des Konfliktes zu bekämpfen, der in den vergangenen Jahren Zehntausende von Menschenleben gefordert und zum wirtschaftlichen Bankrott der meisten Staaten geführt hat.

Was Nicaraguas Staatschefin Violeta Nicaraguas bereits kurz vorm Abflug nach Guatemala bekannt gab, wiederholte sie noch einmal vor ihren Amtskollegen auf dem Gipfel: Die nicaraguanische Armee, die derzeit noch truppenstärkste in Zentralamerika, soll auf unter 41.000 Mann reduziert werden. Als sie am 25.April die Regierung übernahm, hatte die Sandinistische Volksarmee noch rund 82.000 Mann unter Waffen. Soweit es die Befriedung Zentralamerikas erlaubt, sollen die Streitkräfte im Laufe der nächsten Jahre weiter verringert und zu einer kleinen, aber professionellen Armee werden. So sieht es der von Humberto Ortega ausgearbeitete Plan vor. Ortega schätzt die derzeitige Truppenstärke auf knapp unter 60.000. Nachdem nach der Wahlschlappe der Sandinisten reihenweise Soldaten desertierten und die Wehrpflicht von Chamorro abgeschafft wurde, sollen jetzt auch Offiziere in den Ruhestand geschickt werden und zivile Arbeitsplätze angeboten bekommen. Der Truppenabbau wird nicht nur den Staatshaushalt erleichtern, sondern soll auch eine der Bastionen sandinistischen Einflusses schwächen. Der Abspeckplan für Nicaraguas Armee setzt allerdings voraus, daß auch in den übrigen zentralamerikanischen Staaten die Truppen verringert werden. Das Thema sollte zwar auf dem Gipfel diskutiert werden; tatsächlich aber waren Chamorros Kollegen ausgesprochen unlustig, über Abrüstung in der Region intensiv zu sprechen.

R.L.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen