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Lichtfloß und Luxus Denken

■ FLUT, eine Installation von Ralph Kull im Oldenburger Atelierhaus

Vier kniehohe Holzwürfel schweben im Halbkreis auf immateriellen Lichtkissen über dem Fußboden. Das Licht aus versteckten Leuchten wird heller,

und die schwarzgeteerten Kistenböden heben sich. Ein Stuhl im Raum versetzt mich beim Besitzen als Schatten auf ein an die Wand projiziertes Feld aus paral

lelen Lichtstreifen: plötzlich sitze ich auf einem Rettungsfloß aus Helldunkel.

Das Spiel geht weiter. Die Holzpfeiler und Balken der Dachbodengalerie verwandeln sich in kümmerliche Floß -Aufbauten. Eine Fotokopie des Gemäldes „Floß der Meduse“, welches der französische Maler Gericault 1819 malte, klebt in einer Bildcollage an der Wand.

„Flut“ nennt der Hannoveraner Künstler Ralph Kull seine Ausstellung im Oldenburger Atelierhaus. In weiteren Details spielt er auf das Medusenfloß an, auf dem einst von einer 150köpfigen Schiffsbesatzung nur zehn Menschen den Fluten entkamen.

Wir hingegen, schaukelnd nur auf den Wellen der Kunst, bleiben trockenen Fußes und sehen Konstruktionen aus historischen Fakten, Kunstgeschichte, künstlerischen Abstraktionen und dem subjektiven Erleben.

Ralph Kull rekonstruiert nicht, er ermöglicht ein assoziatives Spiel mit offenen Beziehungsfeldern, die er in seinen Zeichnungen noch erweitert. Etwa wenn er einen Zeitungsartikel über die ökologischen Folgen des Rhein-Main -Donau-Kanals übermalt oder wenn er in bewußt rätselhaften Collagezeichnungen notiert: „Das Benennbare hat keinen Sinn“. Kull, der gerade im Frühjahr in der Bremer Galerie der Gruppe Grün ausgestellt hat, nötigt zu mehr als nur zum Schauen. Gefordert ist von uns der Luxus zu denken. Achim Könneck

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