: Wohnungssuchende geprellt
■ Vermieter kassierte von über 20 Bewerbern Kaution / Polizei ermittelt / Betroffene gründen Selbsthilfegruppe, um verlorenes Geld gemeinsam zurückzufordern
Charlottenberg. Mindestens zwanzig Leute hat ein raffinierter Betrüger aus der Röntgenstraße um bis zu 1.350 DM geprellt. Für 480 DM monatlich hatte Karl-Heinz B. seine Zwei-Zimmer-Wohnung in der 'Morgenpost‘, der 'Zweiten Hand‘, an den Schwarzen Brettern von TU und FU sowie in zwei Mitwohnzentralen angeboten. Auf Wohnungs-Suchanzeigen hatte er sich telefonisch gemeldet. Den interessierten Personen, zum größten Teil StudentInnen und AusländerInnen, erzählte er, daß er beruflich ein Jahr im außereuropäischen Ausland weile und in diesem Zeitraum die Wohnung vermieten wolle. Nach Angaben einer betrogenen Studentin, die namentlich nicht genannt werden will, verteilte B. Quittungen und Wohnungsschlüssel an über 20 Personen. „Die Schlüsselübergabe ist“, so Klaus Nolden von der Berliner Mietergemeinschaft „ein wichtiges psychologisches Moment, das die Glaubwürdigkeit der Vertragsregelung noch einmal unterstreicht.“ Die Studentin, die bei dem Handel 1.350 DM „Kaution“ in bar verlor, traf beim Eintritt in die Wohnung dort noch ungefähr zehn Leute an, die alle einen Wohnungsschlüssel besaßen.
Aufgrund einer taz-Anzeige haben sich nach Angaben von Gerhard Heß von der Berliner Mietergemeinschaft über 20 Leute gemeldet, die auf die Zwei-Zimmer-Wohnung in Charlottenburg reingefallen sind. Dem örtlichen Betrugsdezernat Charlottenburg liegen derzeit 22 Strafanzeigen gegen Karl-Heinz B. vor.
Den Betroffenen ist indes das polizeiliche Ermittlungsverfahren zu langatmig. Sie haben sich zu einer Selbsthilfegruppe zusammengeschlossen, um gemeinsam ihr Geld zurückzufordern. Dazu muß ein zivilrechtliches Verfahren durch einen Rechtsanwalt angestrengt werden. Viel Hoffnung, ihr Geld noch einmal wiederzusehen, haben die Leute von der Gruppe allerdings nicht. Inzwischen wurde bekannt, daß Karl -Heinz B. auch eine Anzeige wegen Zechprellerei bekommen hat. Die betroffene Studentin geht davon aus, daß B. „unser Geld inzwischen ausgegeben hat“.
Wer Betrügereien dieser Art ausweichen will, sollte einige „Faustregeln“ bei der Wohnungssuche unbedingt beachten. Das Geld für die Kaution sollte keineswegs in bar, sondern auf ein gesperrtes Konto überwiesen werden. Außerdem sollte man sich vom Vermieter den Personalausweis, den Mietvertrag und die Untermiet-Erlaubnis zeigen lassen.
Constanze Schmidt
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