Daimler gebremst, nicht blockiert

■ Senat verschiebt Entscheidung über Daimler-Kaufvertrag / SPD peilt Dienstag an / SPD-Fraktion wirkte als Antiblockiersystem

Berlin. Den Durchmarsch in Sachen Daimler mußte die SPD gestern verschieben, aufgeben will sie ihn nicht. Auf seiner gestrigen gemeinsamen Sitzung mit dem Magistrat faßte der Senat keinen Beschluß über den umstrittenen Kaufvertrag mit dem Daimler-Benz-Konzern. Nachdem sich der Landesvorstand der SPD am Montag abend gegen eine sofortige Entscheidung gewandt hatte, erörterten die SenatorInnen die zwischen SPD und AL strittige Frage nur außerhalb der Tagesordnung. SPD -Bausenator Nagel ließ anschließend aber keinen Zweifel an der Absicht, den Kaufvertrag für das über 60.000 Quadratmeter große Grundstück am Potsdamer Platz in der nächsten Woche abzusegnen und dies auch gegen den Widerstand der AL durchzusetzen. „Ich habe keinen Zweifel, daß dem so ist“, so unverblümt kündigte der SPD-Politiker eine Überstimmung der drei AL-Senatorinnen an.

Auch die SPD-Fraktion sprach sich gestern mit „sehr großer Mehrheit“, so ihr Sprecher Hans-Peter Stadtmüller, „für den vorliegenden Kaufvertrag“ aus. Zur eigenen Überraschung der Sozialdemokraten gab es nur wenige Gegenstimmen und Enthaltungen. Eine große Rolle bei dieser Entscheidung habe gespielt, daß vergleichsweise bedeutende Investitionen nirgends in Sicht seien, sagte der Sprecher.

AL-Umweltsenatorin Schreyer blieb gestern bei ihrer Kritik an der von SPD-Finanzsenator Meisner ausgehandelten Vereinbarung. „Wir gehen davon aus, daß der Vertrag in dieser Form nicht verabschiedet wird“, sagte ihr Staatssekretär Groth. Nicht nur seine Verwaltung, sondern auch die Fachwelt sei „einhellig“ gegen den Vertrag, begründete Groth diese Haltung. Der Wunsch der SPD-Spitze, dem Daimler-Chef Edzard Reuter rechtzeitig zur Hauptversammlung des Konzerns am 5.Juli einen Erfolg zu verschaffen und ihn damit von konzerninterner Kritik zu entlasten, sei kein Argument für eine rasche Verabschiedung des Kaufvertrags. Die Ansiedlung am Potsdamer Platz sei für Daimler so attraktiv, daß es keiner derartigen Beruhigungspillen bedürfe.

Der Bausenator, in dessen Umgebung das geplante Eilverfahren mit eben besagter Daimler-Versammlung am 5.Juli begründet wird, wies die Kritik an dem hastigen Verfahren gestern als unbegründet zurück: „Ich kann von Hast nichts erkennen“, erläuterte Nagel. Nichts auszusetzen fand er auch an der Tatsache, daß der Senat auch das - heute noch private - Grundstück des Tower-Hotels besenrein an Daimler übergeben und den Abriß des Hochhauses deshalb selbst bezahlen will. Vom SPD-dominierten Magistrat wurde in der gemeinsamen Sitzung offensichtlich kein Widerspruch eingelegt: Unisono mit seinem West-Kollegen bekräftigte der Ostberliner Baustadtrat Kraft (SPD), Berlin wolle Hauptstadt werden und brauche dazu Investoren.

Unterdessen kritisierte sogar die CDU den vom Senat ausgehandelten Kaufpreis für das Filetgrundstück im Herzen der Stadt. „Über den Preis“, so CDU-Chef Diepgen, müsse „noch diskutiert werden“. Ohne falsche Angst vor inneren Widersprüchen bemängelte Diepgen gleichzeitig, daß der Senat „wieder“ eine Entscheidung „verschoben“ habe.

kd/hmt