: Tauziehen um KPdSU-Parteitag
Flügelkämpfe: Reformer wünschen einen Aufschub Gorbatschow hält sich zurück / Jelzin droht mit Austritt ■ Aus Moskau Klaus-Helge Donath
Der 28.Parteitag der KPdSU wird nach Ansicht ihres Chefideologen Wadim Medwedjew planmäßig am Montag beginnen. Die „überwältigende Mehrheit der Parteiführer in den Republiken“ sei dafür. Das für Freitag einberufene ZK-Plenum könnte aber anders entscheiden, räumte er ein. Radikalreformer drängen auf Verschiebung.
Boris Jelzin, Präsident der Russischen Förderation, schätzt den Verlauf des ZK-Plenums als schwierig ein: „Einige Leute, in der Stimmung des Russischen Parteikongresses verfangen, wollen den Parteitag jetzt abhalten. Andere plädieren dafür, den Kongreß vielleicht bis in den Herbst aufzuschieben, um die politische Atmosphäre, die sich im Lande gerade abzeichnet, zu stabilisieren.“ Er sei für eine Verschiebung, um den Parteitag gründlicher vorzubereiten als den Russischen Kongreß, den die Konservativen dominierten. Sollten der Parteitag nicht sichtbare Fundamente einer Erneuerung der Partei legen, kündigte Jelzin seinen Austritt aus der KPdSU an. Schon vergangene Woche hatte die „Demokratische Plattform“, der Jelzin angehört, gedroht, die Partei zu verlassen, würden die Konservativen weiter an Land gewinnen. Proteste gegen die konservative Renaissance regen sich auch in den Parteiorganisationen der großen Städte.
Ursprünglich hatte Gorbatschow den eigentlich erst 1991 fälligen Parteitag vorverlegt, um ihm genehme Kräfte neu ins ZK wählen zu lassen. Die Ereignisse der letzten Woche lassen diese Möglichkeit als zweifelhaft erscheinen. Die russischen Kommunisten stellen allein 60 Prozent der Delegierten. Mit den Repräsentanten aus den erzkonservativen Republiken Mittelasiens wird es ihnen nicht schwerfallen, eine grundlegende Neuerung zu blockieren. Die KPdSU würde sich damit weiter in ein gesellschaftliches Abseits manövrieren. Denn in den neugewählten Parlamenten der RSFSR und anderer Republiken sind nicht annähernd so viele Konservative vertreten wie in den Gremien der Partei.
Die 'Prawda‘ räumte in einem gestern veröffentlichten „Entwurf einer programmatischen Erklärung“ für den Parteitag die Mitschuld der Partei an der Krise des Landes ein. Das Hauptproblem sei nicht der Kommunismus, vielmehr seine Verzerrung in der Vergangenheit. Auf das frühere Machtmonopol wird verzichtet.
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