: Keine Soforthilfe für die Ozonschicht
■ Londoner Konferenz nach dreitägigem Gezerre um die Fristen für den Ausstieg aus den Ozonkillern beendet
Aus London Thomas Gehring
Die Londoner Ozonkonferenz der Vertragsstaaten des Montrealer Protokolls beschloß am Freitag abend einstimmig den langsamen Ausstieg aus den Ozonkillern. Die Bremser haben gesiegt.
In der entscheidenden letzten Runde konnten sich die Hardliner und Gegner eines beschleunigten Ausstiegs aus der FCKW-Wirtschaft, angeführt von den USA und Japan, weitgehend durchsetzen. Sie verhinderten ein weltweites Verbot dieser wichtigsten ozonzerstörenden Stoffe zum Jahr 1997 und bestanden auf der Erlaubnis zur Weiterproduktion bis zum Jahr 2000. Bis zuletzt hatte eine Gruppe von Industrieländern, darunter die BRD, Österreich, die Schweiz, Australien sowie die Delegation der Europäischen Gemeinschaft versucht, sowohl einen schnelleren Ausstieg (1997) als auch weitgehendere Zwischenschritte, etwa eine 50prozentige Reduktion der Ozonkiller schon bis 1992 durchzusetzen. Vergeblich. Für sie bleibt nur der Alleingang. 14 Staaten verpflichteten sich im Rahmen der Konferenz, aber außerhalb des Protokolls zu einem FCKW -Verbot bis 1997. Allein die Tatsache, daß nur vier der zwölf EG-Staaten sich zur Zeichnung dieser Deklaration entschließen konnten (BRD, Belgien, Dänemark und die Niederlande) macht deutlich, wie wenig geschlossen die Gemeinschaft auftrat. Der britische Delegationsleiter Trippier rief etwa die Asthmakranken zur Hilfe und erklärte es für unverantwortlich, einen vollständigen Ausstieg zu propagieren, bevor es Alternativen zur medizinischen Verwendung von FCKW gäbe. Spanien mit seiner großen Produktion von FCKW hatte seinen Minister von Anfang an zu Hause gelassen.
Unstrittig war der Ausstieg aus der Verwendung von Halonen
-aber auch erst bis zum Jahr 2000. Halone haben ein besonders hohes ozonzerstörendes Potential und werden vorwiegend in Feuerlöschern verwendet. Als die „ermutigendste Entwicklung“ der Konferenz sieht der Umweltschutzverband Friends of the Earth die Einigung auf einen Ausstieg aus der ebenfalls ozonzerstörenden Chemikalie Methylchloroform an. Dies soll aber erst bis zum Jahr 2005 geschehen und unterliegt einer Überprüfung im Jahre 1992 mit dem „Ziel einer Beschleunigung“. Der Verbrauch von Methylchloroform ist in den vergangenen Jahren besonders stark gestiegen.
Dagegen konnten sich die versammelten Staaten nicht auf ein angemessenes Signal für einen auch nur mittelfristigen Ausstieg aus den von der Industrie als „Ersatzstoffe“ propagierten teilhalogenierten FCKWs (HFCKWs) einigen. Diese Ozonkiller mit gebremstem Schaum haben sowohl ozonzerstörendes als auch ein den Treibhauseffekt verstärkendes Potential. Strebten die USA ein Verbot von HFCKW bis zum Jahre 2040 an, so lehnten andere die Erwähnung einer soweit in die Zukunft weisenden Zielmarke rundweg ab. Auch diese Frage kommt 1992 wieder auf den Tisch.
Bis zum Schluß umstritten blieb auch die Regelung eines notwendigen Transfers von Technologie zur Produktion ozonschonender Stoffe in die Entwicklungsländer. Indien und China waren nicht bereit, sich zu einer Umstellung ihrer Industrien zu verpflichten, ohne die Garantie auf Zugang zu neuen Technologien zu haben. Die Industriestaaten verpflichteten sich schließlich, „jeden praktikablen Schritt“ zur Bereitstellung von alternativer Technologie zu ergreifen. Sollte dies nicht in ausreichendem Maße geschehen, so kann das betreffende Entwicklungsland ein „Ruhen“ seiner Verpflichtungen nach dem Protokoll verlangen, also aus dem Ausstieg ganz einfach wieder aussteigen.
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