: Die Rückkehr der toten Schaben
Küchenschaben sind ekelhafte Tiere. Auch die deutsche Hausschabe (Blatella germanica) ist eine perfekte Fehlkonstruktion. Gott oder wer auch immer muß sie wohl an einem Montag gebaut haben, denn die widerlichen Insekten sind zu nichts nutze. Es sei denn, man bezeichnet das Übertragen von Krankheitserregern auf Nahrungsmittel als sinnvolle Tätigkeit. Vielleicht dienen die Schaben ab und zu noch Ratten als Vorspeise, aber diese poussierlichen Nager haben ja auch nie ihren Existenzberechtigungsschein dabei, wenn man sie mal trifft. Nein, für jeden halbwegs vernünftigen Menschen gilt es, sobald er eine Kakerlake sieht, den guten alten Killerinstinkt zu aktivieren. Nur eine tote Schabe ist eine gute Schabe!
Die Amerikaner gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie foltern die gefräßigen Schädlinge zu Tode. Jedes Jahr findet auf Hawaii das große
Kakerlaken-Derby statt. Hier schickt man die flinkesten Vertreter der fiesen Viecher auf einen ein Meter langen Parcours in ein mörderisches Rennen. Der Schauspieler William Conrad hatte in diesem Jahr sein Insekt mit einer wasserlöslichen (angeblich völlig ungiftigen) Goldfarbe besprüht. Hat leider nichts genutzt, das Biest lief als Vorletztes durchs Ziel. Auch Präsident Bush hatte eine Schabe ins Rennen geschickt. Die Kakerlake aus dem Weißen Haus gab
aber bereits kurz vor dem Startschuß den Geist auf und fiel tot um!
Letzte Woche wurde allen aufrechten Kakerlaken-Killern der Spaß verdorben. Es ging eine Nachricht um den Globus, die jedem Kammerjäger das Blut in den Adern gefrieren ließ: Tote Schaben sind nicht tot! Sie nehmen nach ihrer Ermordung furchtbare Rache.
Die cleveren Jungs vom US-Landwirtschaftsministerium haben nämlich herausgefunden, daß tote Küchenschaben erheblich schädlicher sind als lebende. Die Körper der erlegten Plagegeister geben während des Austrocknungsprozesses Proteine ab, die verdammt haltbar und hochgradig allergieauslösend sind. Diese Proteine führen zu Schnupfen, Atemnot, Hautausschlag, manchmal zu Schockzuständen und enden hin und wieder tödlich. Um Schwierigkeiten mit den Leichen erschlagener Schaben zu vermeiden, empfiehlt die Studie, das Ungeziefer aus der Wohnung zu vertreiben, solange es noch lebendig ist. Was für eine wundervolle Idee!
Karl Wegmann
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