Geheimes Gebräu soll Trabi retten

■ Konstanzer Tüftler entwickelt Treibstoffzusatz, der für saubere Trabi-Abgase sorgt / Werte an die des Viertakters mit Katalysator angeglichen

Von Holger Reile

Konstanz (taz) - „Seit 15 Jahren bin ich dran, Zweitakter sauber zu machen“, erzählt der Konstanzer Schmiermittel -Techniker Walter Zepf, „und jetzt hab‘ ich's endlich raus.“ Der umtriebige Tüftler vom Bodensee hat einen Treibstoffzusatz entwickelt, der den Trabi-Schadstoffausstoß drastisch reduziert. Die Abgaswerte des Zweitakters verwandeln sich mit dem Zusatz in die eines Viertaktmotors mit Katalysator. Meßergebnisse mit einem vom TÜV geeichten Abgas-Testgerät bestätigen die Angaben des Trabientgifters. Dabei sind die Dreckwerte des Trabant normalerweise etwa neunmal so hoch wie die eines bundesdeutschen Viertakters ohne Katalysator. Nur durch eine Ausnahmegenehmigung des Bonner Verkehrsministeriums dürfen die knatternden Giftnudeln auch in der BRD zugelassen werden.

Wie sein Treibstoffzusatz gebraut wird, verrät der Konstanzer verständlicherweise nicht, nur soviel: „Wasser ist drin, die Verbrennung ist einwandfrei, mehr sag‘ ich nicht.“ Um die günstigen Abgaswerte zu erreichen, muß die Substanz im Verhältnis von eins zu zehn beigemischt werden, der Liter Treibstoff wäre um rund 25 Pfennig teurer. Walter Zepf will mit seinem Mittel auf den Markt, das Umweltministerium zeigt zaghaftes Interesse und will nun vom TÜV ein offizielles Gutachten einholen. „Es wäre doch kein großes Problem“, so der Erfinder, „an jeder Tankstelle eine Trabi-Zapfsäule zu installieren, schon allein der Umwelt zuliebe.“ Das baden-württembergische Ministerium für Landwirtschaft und Forsten hat bereits reagiert: Waldarbeiter, die ihre Zweitakt-Kettensägen mit dem Treibstoffzusatz des Konstanzers füttern, erhalten eine Ausgleichszahlung.

Seine Kontakte in die DDR hat Walter Zepf inzwischen intensiviert. Mitte Mai stattete er dem Trabi-Werk in Zwickau einen Besuch ab und ließ seinen Treibstoffzusatz auf dem Prüfstand des Volkseigenen Betriebes Sachsenring testen. Mit Erfolg: Die dort erzielten Werte glichen denen von der Konstanzer Messung.

Die Ausnahmegenehmigung, mit der die Trabis trotz ihrer hohen Abgaswerte laufen dürfen, endet in der Bundesrepublik und voraussichtlich auch in der DDR Ende 1991. Schätzungsweise 2,3 Millionen Trabis belasten hauptsächlich in der DDR, aber auch in Ungarn und Polen mit ihren enormen Schadstoffwerten die Umwelt. Zepf will mit seiner Entgiftungssubstanz dazu beitragen, „daß der Trabi nicht so schnell stirbt“. Sicher ist: die deutsche Automobilindustrie wird sich mit Walter Zepfs Gemisch nicht anfreunden können. Wenn nämlich ab 1992 die knapp zwei Millionen Trabis im dann real existierenden Gesamtdeutschland aus dem Verkehr gezogen werden, steigt der Bedarf an Neuwagen.