Brüderhorde

■ Warum Feministinnen den Fußball lieben

KOMMENTAR

Die beste Erfindung der Männer ist der Fußball. Gelobt sei der unbekannte Chinese, der intuitiv und lange vor jeder feministischen Bewegung die Psychsomatik der Männer genial verstand und für ihre Triebschübe einen Ausweg fand in Form von Angriff, Foul, Elfmeter und Tor, Tor, Tor. Roheit und Brutalität unterdrücken zu wollen - welch aussichtloses Unterfangen! Männer erziehen zu wollen - ach Schwestern, vergebliche Liebesmüh. Es bricht sich immer wieder Bahn. Fußball ist die Lösung. Da darf sich austoben, was die Zivilisation dem Mann verbietet, und sich doch nicht verbieten läßt.

Es muß mit der Brüderhorde zusammenhängen, natürlich. Irgendwann, nachdem sich die Frauen die Macht aus den Händen hatten nehmen lassen. Die Söhne rotteten sich zusammen, um den allmächtigen Vater um die Ecke zu bringen, damit sie endlich, endlich Zugriff auf alle Frauen hatten. Das Fest der Brüderhorde, das muß noch in den Genen spuken. Wie sonst ist diese rückhaltlose Identifikation zu erklären? Schaut sie Euch doch an, wie sie leiden, jubeln, mitgehen, wie sie stöhnen, wie aufgelöst sie sich dem Lustschmerz ergeben, wenn sich Rudi Völler am Boden wälzt. Wenn sie endlich einmal nicht Lust am Schmerz der Frau empfinden.

Fußball stellt die Frauen ins Abseits? Unsinn. Jede, die eine Ader dafür hat, kann sich daran ergötzen - sofern nur ein Spiel technisches Können, Eleganz und Leidenschaft besitzt. Statt vierschrötiger, ungeschlachter Kerle sollten allerdings schon Männer mit einer gewissen zivilisierten Feingliedrigkeit zu sehen sein. Wenn nicht, gibt es immer noch die Möglichkeit, sadistisch in sich hineinzugrinsen, wenn die Jungs beim Freißstoß bibbernd ihre Eier schützen.

Jede Weltmeisterschaft ist so auch ein Freiraum für Frauen. Keiner will was von uns, weibliche Aufmerksamkeit und Fürsorge sind ausnahmsweise entbehrlich, in seltener Genügsamkeit sind sie mit sich selbst beschäftigt. Helmut und Oskar weilen in Rom, lovely Rita und beautiful Renate übernehmen derweil die Regierungsgeschäfte, Männer gucken Fußball, Frauen machen endlich Politik.

Nur einen Haken gibt es in dem genialen Arrangement: die Entsorgung nach dem Spiel. Die Fans im Stadion, die verstehen die Kunst der Triebentlandung per Identifikation nicht, die wollen auch Brüderhorde spielen, jetzt, sofort, aber ohne Schieri und ohne Sublimierung. Was tun? Vielleicht kleine Käfige an jedes Stadion anbauen, wo sie sich unter Aufsicht prügeln dürfen.

Helga Lukoschat