piwik no script img

Worum geht es?

■ Betr.: Ich habe keinen Bock mehr - Zeugin setzte sich Schuß auf dem Damenklo, taz vom 5.7.90

L E S E B R I E F (E)

Worum geht es Holger Bruns-Kösters überhaupt in seinem Artikel?

In bester Bild-Zeitungs-Manier lenkt er seinen voyeuristischen Blick hauptsächlich auf die Tatsache, daß die vergewaltigte Evelin N. heroinabhängig ist, schon die Überschrift „Zeugin setzt sich Schuß auf dem Damenklo“ befaßt sich ausschließlich damit, dann schreibt er weiter im Detail, wie sie sich im Gerichtsgebäude einen Schuß setzt.

Dazu schreibt Bruns Kösters, daß sie wegen „etlicher Kleindelikte derzeit in Strafhaft sitzt“, da drängt sich für die Leser doch der Eindruck auf, das Opfer der Vergewaltigung sei kriminell - schuldig und nicht der Täter Manfred V., der weiter legal in seinem Beruf arbeiten darf.

Schwächt die Tatsache, daß Evelyn V. abhängig ist, die brutale Vergewaltigung etwa ab?

Wichtig an dem Fall kann ja wohl nicht sein, daß sie Drogen konsumiert, sondern daß der angeklagte Bahnbulle wieder ein völlig alltägliches Beispiel von extrem verachtender Gewalt gegen Frauen darstellt.

Dabei ist es vollkommen gleichgültig, ob die vergewaltigte Frau abhängig ist oder sonstwie benachteiligt, Manfred V. hat ihre durch Drogenrausch bedingte Wehrlosigkeit auf's ekelhafteste ausgenutzt.

In einem Prozeß, wo es um Männergewalt gegen eine Frau geht, um brutale sexistische Gewaltausübung eines Polizisten, sind wieder alle Beteiligten, außer dem Opfer, Männer: Richter, Rechtsänwälte, Justizbbeamte.

So wenig wie Männer über Männergewalt richten können, kann anscheinend ein Mann wie Holger Bruns-Kösters eine kritische Berichterstattung über einen Prozess zustande bringen.

Es ist notwendig, in solchen Fällen kompetente Frauen berichten zu lassen um die sexistische Gewalt nicht noch fortzuführen.

Joana Erwes

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen