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Kein Schritt vorwärts, kein Schritt zurück!

■ Trotz der Bestätigung für Gorbatschow: Die KPdSU kommt nicht von der Stelle

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Sicherlich ist nun vielen sowjetischen Kommunisten ein Stein vom Herzen gefallen. Die Spaltung der Partei ist abgewendet. Die „Partei der Idee“ ist bei der „Partei der Macht“ (Jakowlew) geblieben. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf den inneren Zustand der Partei, daß Gorbatschow gezwungen war, in seiner dramatischen Rede vom Dienstag die Idee der Perestroika nochmals grundsätzlich vor den Delegierten zu verteidigen. Und wieder einmal hat der in den letzten Wochen von Konservativen und Linken gleichermaßen getadelte Generalsekretär bewiesen, welch großartiger Taktiker er ist. In einem entscheidenden Augenblick, in einer Situation, in der sich schon eine konservative Mehrheit abzeichnete, hat der von anderer Seite als „Zentrist“ Kritisierte nicht ohne Selbstkritik die ursprünglichen Ideen der Perestroika noch einmal verteidigt. Er erhielt darauf die überwältigende Mehrheit der Stimmen, auch die eines großen Teils des linken, radikaldemokratischen Flügels.

Doch trotz dieses Gorbatschowschen Meisterstücks ist die Partei nicht „zwei Schritte vorwärts“ und nur „einen zurück“ (Lenin) geschritten, sondern sie ist gar nicht von der Stelle gekommen. Denn die alte Struktur wurde im Wesentlichen beibehalten. Das vergrößerte Politbüro und der neue Vize mögen die „Koordination“ der politischen Arbeit erleichtern, doch was soll denn umgesetzt werden, wenn nach Meinung des Parteitages die neuen Inhalte und die „Partei der Ideen“ nur wenig zum Zuge kommen dürfen? Und viel bedeutsamer noch: Die seit 1987, nach dem 70. Jahrestag der Oktoberrevolution durch die Reformer angestrebte Entflechtung von Staatsapparat und Partei, die in dem von ihnen etwas ironisch gemeinten Revolutionsruf von 1917 „Alle Macht den Räten“ gipfelte, ist bisher gescheitert. Trotz der Einführung des Mehrparteiensystems wird die KPdSU weiterhin nicht nur in der Bürokratie, sondern auch in den Betrieben und der Armee das Sagen haben. Und das ist angesichts der notwendigen Wirtschaftsreform verhängnisvoll.

So ist es nicht verwunderlich, wenn die nachdenklicheren Parteimitglieder sich um das Verhältnis von Partei und Gesellschaft Sorgen machen. Wie schon in anderen Republiken, vor allem aber in den baltischen Ländern, wird nun die Partei um ihr Ansehen in der Öffentlichkeit auch im Kernland Rußland zu kämpfen haben. Schon jetzt ist es fraglich, ob sie trotz ihres Reformflügels noch mehrheitsfähig ist. Die in den Randrepubliken schon sichtbar gewordene Alternative, „Sozialdemokratisierung“ oder Bedeutungslosigkeit, ist auch hier vorgezeichnet. Die konservative Mehrheit der Delegierten des Parteitages jedenfalls hat der Partei keinen guten Dienst erwiesen. Wenn auch im Unterschied zu anderen Ländern Ostmitteleuropas „die Weltanschauung und die sozialpolitische Orientierung im Volk noch nicht ganz geformt“ ist, wie dies der Delegierte Wolschtschanow ausdrückte, könnte die Krise der Wirtschaft und Gesellschaft zu einer Radikalisierung in der Bevölkerung führen, die für die Kommunisten bitter wird.

Erich Rathfelder

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