Magistrat hebt Bahnpläne auf die Schiene

■ Eisenbahnkonzept vom Magistrat vorgelegt / Auch Ostberliner Planer fordern neuen Zentralbahnhof und Tiergarten-Tunnel

Berlin. Die Planung für einen neuen Zentralbahnhof gewinnt an Fahrt. Während die Senatsverkehrsverwaltung ihre Pläne konkretisiert hat, haben die Verkehrsplaner des Magistrats ein Eisenbahnkonzept vorgelegt, das in den zentralen Punkten mit den Überlegungen des Senats übereinstimmt. Auch die Ostberliner plädieren für eine neue durchgehende Nord-Süd -Schienenstrecke mit einem Tunnel unter dem Tiergarten. Außerdem unterstützen sie die Forderung nach einem unterirdisch angelegten Zentralbahnhof an der Kreuzungsstelle zwischen dieser neuen Magistrale und der Stadtbahn, am Lehrter Stadtbahnhof also.

Das vom Westberliner Verkehrssenator Horst Wagner (SPD) mehrfach angekündigte Schienenkonzept läßt unterdessen weiter auf sich warten. Erst im Herbst soll die von Wagner beauftragte Gesellschaft DE-Consult ihre Arbeit abliefern. Das noch unveröffentlichte Papier aus dem Ostberliner Büro für Verkehrsplanung liegt dagegen bereits seit zwei Wochen vor. Erfreut stellten die Senatsplaner fest, daß die Magistratsexperten unabhängig von ihnen auf die „selben Ideen“ gekommen waren. Einziger größerer Unterschied: Der von beiden Seite gewünschte neue „Südbahnhof“ an der Nord -Süd-Strecke wird von den Magistratsplanern am S-Bahnhof Papestraße plaziert, während die Senatsverkehrsverwaltung den Standort Yorckstraße favorisiert.

Die Eisenbahnexperten auf beiden Seiten sind sich aber einig, daß die neue Nord-Süd-Strecke unverzichtbar ist. Gegen dieses Projekt macht vor allem Umweltsenatorin Schreyer (AL) Front. Sie fürchtet, wie berichtet, um die Bäume im Tiergarten und um die Grüntangente auf den wild überwucherten alten Gleisanlagen zwischen dem Schöneberger Südgelände und dem Landwehrkanal, die für die Nord-Süd -Schienenstrecke reaktiviert werden sollen. Den von Schreyer und der BI Westtangente als Alternative vorgeschlagenen Ausbau des Eisenbahnrings, der parallel zum S-Bahn-Ring verläuft, halten die Experten der Senatsverkehrsverwaltung jedoch für problematisch. Ein von der BI Westtangente vorgelegtes Konzept sei „an vielen Ecken und Enden fragwürdig“, heißt es in der Wagner-Behörde. Auch ein Ausbau des Rings sei mit Flächenfraß und Grün-Vernichtung verbunden. Ein Bahnhof in der Stadtmitte sei allein deshalb wichtig, argumentieren die Bahnplaner, um einen wichtigen Vorsprung der Eisenbahn vor dem Flugverkehr nutzen zu können: Die Möglichkeit, ohne Umsteigen direkt im Stadtzentrum anzukommen.

Der Tiergarten und die Grüntangente könnten die Operation ohne weiteres überstehen, versichern die Wagner-Planer. Selbst in den sogenannten „Flaschenhals“ zwischen Pape- und Yorckstraße bleibe neben den Gleisen Platz für eine Grünverbindung. Geht es nach den Verkehrsplanern, dann könnte der neue Zentralbahnhof überdies früher fertigwerden, als der geplante Großflughafen im Süden der Stadt. Weil die Stadtbahn heute schon überlastet sei, fühlen sich die Eisenbahnplaner „genötigt“, ihre Pläne rasch zu realisieren. Bereits 1997 könnte der erste Spatenstich für Tiergarten -Tunnel und Zentralbahnhof erfolgen, kalkuliert man. Zur Olympiade im Jahr 2000, so der Ostberliner Verkehrsstadtrat Thurmann (SPD), sollte das Projekt abgeschlossen werden. Für die 2,8 Kilometer lange, viergleisige Tunnelstrecke haben die Senatsplaner bereits zwei konkrete Varianten entwickelt. Im einen - auch vom Magistrat favorisierten Fall - verliefe der Tunnel, der in beiden Alternativplänen im Süden an der Schöneberger Straße beginnt, in Mauernähe. Die andere Variante sieht einen Schlenker nach Westen, bis in die Nähe der heutigen Entlastungsstraße vor. Nach Erfahrungen aus dem U-Bahn-Bau lassen sich auch die voraussichtlichen Kosten von Tunnel plus Bahnhof bereits abschätzen: Sie dürften bei 1,5 Milliarden Mark liegen.

hmt