: Schnelle Verflüchtigung des DDR-Fußballs
■ Bundesliga mit DDR schon ab 1991 / Der DFV der DDR soll EM- und Olympiamannschaft zurückziehen
Frankfurt (dpa) - Die deutsch-deutsche Fußballvereinigung unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kommt schneller als geplant. DFB-Präsident Hermann Neuberger hat Denkmodelle und Vorschläge für eine „eventuelle und beschleunigte Entwicklung für die Auflösung des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR (DFV) und eine Aufnahme in den DFB“ vorgelegt, die eine gemeinsame 1. und 2. Bundesliga schon ab 1991/92 sowie den Rückzug der beiden Auswahlmannschaften der DDR aus der Qualifikation für die Europameisterschaft 1992 in Schweden und vom Olympia-Turnier 1992 in Barcelona vorsieht. DFB-Präsidium und Vorstand haben den Vorschlag einstimmig verabschiedet und die Weichen für die Präsidiumssitzung von DFB und DFV am 19.Juli in Frankfurt neu gestellt.
Am Samstag wurden erste Grundsätze des DFB-Ligaausschusses zu Verhandlungen mit dem DFV bekanntgegeben. Danach sollen in den Lizenzfußballbereich des DFB in begrenzter Anzahl Vereine des DFV aufgenommen werden, die grundsätzlich die Voraussetzungen für den Spielbetrieb im Lizenzfußball nachweisen können. Zudem soll Ende der Spielzeit 1993/94 die Zahl der Profiklubs von bisher 38 auf dann 32 reduziert werden. Ab der darauffolgenden Saison soll mit zwei eingleisigen Ligen und dem Ligapokal gespielt werden. Dies könne aber alles nur bewegt werden, wenn der DFV seine Mannschaften zurückzieht. Der DFB stellt dem DFV 400.000 DM für die Nachwuchsarbeit sowie den sechs zu bildenden Landesverbänden jeweils 50.000 DM zur Verfügung.
Am vergangenen Dienstag hatte DFV-Präsident Hans-Georg Moldenhauer schriftliche Vorschläge an den DFB gerichtet, in denen er unter anderem den Verzicht der DDR auf die EM -Qualifikation anregte, die die beiden Auswahlmannschaften am 12. September in Leipzig hätten ausspielen müssen. Ebenso wurde darin eine gemeinsame Olympia-Mannschaft für 1992 gewünscht.
Neuberger stellte klar, daß es „nicht Sache des DFB sein kann“, seine beiden Teams aus den EM -Qualifikationswettbewerben zurückzuziehen. Wenn dies von DDR-Seite gewünscht werde, gebe es dazu zwei Lösungsmöglichkeiten, von denen eine aber möglichst umgehend vom DFV, der darin „allein am Zuge sein kann“, beschlossen und verkündet werden müßte:
1. „Der DFV zieht seine beiden Auswahlmannschaften aus den Wettbewerben für Stockholm und Barcelona zurück. Dies müßte gegenüber FIFA beziehungsweise UEFA geschehen, wird dort zwar keine Freude erwecken, vielleicht auch nicht bei den übrigen Teilnehmermannschaften in der Gruppe und dürfte auch Geldbußen zur Folge haben; jedoch könnten Letztere durch Unterstützung von unserer Seite in einem „bescheidenen Rahmen“ gehalten werden.“
2. „Der DFV beschließt seine baldige Auflösung und teilt den Termin für die vorgesehene Auflösung an FIFA und UEFA als Ausscheidungstermin aus diesen beiden Verbänden mit.“
Neuberger neigt zu der ersten Lösung, „weil bei einem Vorgehen nach der zweiten Version die vier Clubs aus dem DFV -Bereich, die sich für die Clubwettbewerbe der UEFA qualifizierten, bestraft würden“.
Der DFB-Boß schlägt bei der von ihm unterstützten Lösung vor, am 20. und 21.November mit der Weltmeistermannschaft und Olympia-Mannschaft des DFB Freundschaftsspiele in Leipzig und Halle auszutragen. Damit würden dem DFV die Chancen zu großen Einnahmen erhalten. „Man muß wissen, daß der DFV schon seit langem Verträge für TV-Übertragungen, Bandenwerbung und ähnliches für diese Spiele abgeschlossen und somit auch Verbindlichkeiten übernommen hat“, so Neuberger. Es sei nicht ratsam, das für Dezember 1991 in München geplante Spiel gegen die DDR auszutragen. Dafür wolle man am 21.Dezember die Nationalmannschaft von Kamerun verpflichten.
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