Kein Potsdamer Veto bei HMI

■ Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren für den Forschungsreaktor ein Flop / Potsdamer Katastrophenschutz hat „genügend Jodtabletten“

West-Berlin/Potsdam. „Ja, langweilig war es“, erinnert sich Werner-Lutz Stolzenburg. Vom 18. Mai bis zum heutigen Mittwoch war der ehemalige Umweltstadtrat zuständig für die Potsdamer Bürgerbeteiligung an der Genehmigung für den Forschungsreaktor BERII des Westberliner Hahn-Meitner -Instituts in Wannsee. Zwei Monate lang saß Stolzenburg neben den Genehmigungsunterlagen und wartete auf Bürger, die Fragen oder Einsprüche hatten. Die meiste Zeit harrte er vergebens. Im Schnitt sei pro Woche nur ein einziger Bürger vorbeigekommen. Insgesamt, so Stolzenburg, hätten bis gestern 23 Menschen den Weg in das Bernhard-Kellermann-Haus gefunden, um ihre Einsprüche abzuliefern, fünf weitere hätten sich schriftlich gemeldet.

Heute läuft die Frist für Einsprüche ab. Die Beteiligung der Pots damer an dem Genehmigungsver fahren, die AL-Umweltsenatorin Schreyer mit Macht gefordert hatte, war offensichtlich ein Flop - auch für die grüne Politikerin selbst. Wie viele Alternative und linke Sozialdemokraten hatte Schreyer gehofft, daß gravierende neue Einwände aus der Nachbarstadt neue Argumente für eine weitere Verschiebung der Betriebsgenehmigung liefern könnten. Doch die Potsdamer hatten offensichtlich „anderes zu tun“, vermutet man in der Schreyer unterstehenden Genehmigungsbehörde. Dort waren bis Montag ganze zwölf individuelle Einwendungen angekommen, außerdem etwa 200 Unterschriften auf vorformulierten „Sammeleinwendungen“.

Neue triftige Einwände habe die Bürgerbeteiligung bislang nicht erbracht, heißt es - mal abgesehen von dem Hinweis eines Bürgers, daß Terroristen heimlich Stollen unter den Reaktor graben könnten, um das Institut von unten in die Luft zu jagen. Der größte Teil der Argumente aus Potsdam habe sich gegen Atomkraft an und für sich gerichtet. Auch auf zwei Informationsveranstaltungen in der Havelstadt hielt sich der Andrang sehr in Grenzen. Auf Einladung der HMI -Gegner hatten im Juni etwa 30 Potsdamer eine Podiumsdiskussion besucht. Eine Informationsveranstaltung, die das HMI selbst ausgerichtet hatte, zog nach Angaben des Instituts etwa 50 Potsdamer an.

Die Potsdamer Umweltstadträtin, Ute Platzeck vom Neuen Forum, hat eine naheliegende Erklärung für das Desinteresse ihrer Mitbürger. Angesichts der zur Zeit auf sie einstürzenden Flut von neuen Problemen sei nun mal „jeder sehr mit sich beschäftigt“. Auch Platzeck selbst ist bei dem Gedanken an den Atomreaktor nicht übermäßig beunruhigt. Für den Fall eines Unglücks habe der Potsdamer Katastrophenschutz „alle erdenklichen Vorkehrungen“ getroffen und sei „gerüstet“, die „Bevölkerung mit Jodtabletten zu versorgen“.

hmt