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CSU installiert eine „Bayernstasi“

■ Erneute Verschärfung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes verabschiedet / Abhörmaßnahmen und verdeckte Ermittlungen jetzt legalisiert / Polizei darf bei jeder öffentlichen Veranstaltung filmen

Von Luitgard Koch

München (taz) - Noch vor der Sommerpause hat die CSU im Bayerischen Landtag eine weitere Verschärfung des umstrittenen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) durchgepeitscht. Gegen die Stimmen der Opposition von Grünen und SPD wurde das neue Gesetz, das ab 1.Oktober in Kraft treten soll, gestern verabschiedet. Personen, die nach Ansicht der Polizei, „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ begehen könnten, dürfen danach von der Polizei observiert werden. Diese verdeckte Ermittlung bedarf keiner richterlichen Anordnung. Jeder Polizeibehördenleiter kann seine Beamten auf Spitzeltour schicken. Auch die Weitergabe dieser Daten an die Geheimdienste und andere Dienststellen wird durch das neue PAG gesetzlich abgesichert. Nur wenn die Interessen des Verfassungsschutzes nicht tangiert werden, erhalten die Observierten Auskunft über die verdeckte Datenerhebung. Wenn die „Aufgabenerfüllung der Polizei“ gefährdet ist, kann die Auskunft ohne Begründung verweigert werden. Selbst der bayerische Datenschutzbeauftragte, Sebastian Oberhauser, kritisierte diesen Eingriff in die Bürgerrechte. Doch nicht nur „Verdächtige“ können überwacht werden, sondern auch deren „Begleitpersonen“. Außerdem dürfen alle öffentlichen Veranstaltungen, bis hin zu Sportveranstaltungen, von der Polizei jetzt hemmungslos abgefilmt und auf Tonband aufgenommen werden. Selbst in jedem Bierzelt könne die Polizei jetzt Kameras aufhängen, kritisierte der SPD -Landtagsabgeordnete, Peter-Paul Gantzer. Der verdeckten Ermittlung sind nach Ansicht des grünen Landtagsabgeordneten, Hartmut Bäumer, „Tür und Tor geöffnet“. Während der heftigen Landtagsdebatte vor der Verabschiedung bezeichnete Bäumer das Gesetz als „gespenstisch“ und eines „totalitären Staates würdig“. Die Opposition sieht darin auch einen Verstoß gegen das Recht auf „informelle Selbstbestimmung“ des Bürgers, das das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil vor sieben Jahren verlangt hat.

Nach Meinung Bäumers werden in dem neuen Gesetz auch Regelungen getroffen, die der Strafprozeßordnung vorbehalten sind und deshalb nur vom Bund und nicht vom Freistaat Bayern eigenmächtig geändert werden können. Bäumer wies aber auch daraufhin, daß ähnliche Eingriffe in Bürgerrechte auch in SPD-regierten Ländern, wie Nordrheinwestfalen und Hamburg durchgesetzt wurden.

Mit der Herausforderung durch neue Formen der organisierten Kriminalität und weil die Grenzkontrollen demnächst wegfallen, versuchte der bayerische Innenminister, Edmund Stoiber (CSU), das Gesetz zu rechtfertigen.

Nach der umstrittenen Verschärfung des PAG im vergangenen Jahr -damals wurde der sogenannte zweiwöchige „Unterbindungsgewahrsam“ Gesetz - ist diese „vorbeugende Bekämpfung von Straftaten“ in Kritikeraugen ein weiterer Versuch, im Freistaat Bürgerrechte in „den Polizeigriff zu nehmen“. Mit einer Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof will die bayerische SPD das Gesetz zu Fall bringen. Da die Richter am Bayerischen VHG zum überwiegenden Teil von der CSU vorgeschlagen wurden, versprechen sich die bayerischen Grünen von diesem Klageweg wenig. Falls jedoch eine noch anhängige Klage gegen den „Unterbindungsgewahrsam“ Anfang August erfolgreich sein sollte, wollen auch sie diese Klage unterstützen. Ansonsten sei ein Gang nach Karlsruhe nötig.

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