: Basis kontra Parlamentspartei
■ Unmut beim Neuen Forum über die Abgeordneten/ Auf welcher Liste ins gesamtdeutsche Parlament?
Berlin (taz) - Die Überlegung von Abgeordneten der Volkskammerfraktion Bündnis 90/ Grüne, mit einem SPD-Ticket ins gesamtdeutsche Parlament einzuziehen, stößt bei der Basis der Bürgerbewegungen auf Unmut und scharfe Kritik.
„Erinnert ihr euch noch, von wem ihr die Mandate erhalten habt? Seid ihr so schnell zu Berufspolitikern geworden, daß ihr nur noch eure weitere politische Laufbahn im Blick habt und nicht die politischen Schäden, die ihr anrichtet?“ heißt es in einer Stellungnahme des Arbeitsausschusses des Republiksprecherrates des Neuen Forums vom Donnerstag. „Vom Grünen Bürgerforum über die Listen der Grünen nun zu SPD -Listen. Vielleicht hat die CDU auch noch ein paar Plätze anzubieten“, polemisieren die Mitglieder des Ausschusses weiter.
Moniert wird insbesondere, daß die Basis „wie schon so oft“ erst aus den Medien erfahre, was in der Volkskammerfraktion vor sich geht. Die Abgeordneten begriffen sich offenbar als Parlamentspartei ohne Mitglieder.
Ins gleiche Horn stoßen Ingrid Köppe und Bärbel Bohley, ebenfalls vom Neuen Forum, in einer weiteren Protesterklärung vom gleichen Tag. In den Verhandlungen ihrer Abgeordneten im Parlament über ein Listenplatzangebot zu den „Reichstagswahlen“ mit der SPD sehensie einen Verstoß gegen basisdemokratische Prinzipien und eine Abkoppelung von den in den Basisgruppen geführten Diskussionen.
An die Adresse von Marianne Birthler (taz vom 19.7.) gerichtet, schreiben die beiden Aktivistinnen der ersten Stunde, es sei kein Widerspruch, die Bürgerbewegungen in einem künftigen Deutschland zu stärken und ihre Politik in die Parlamente zu bringen. „Die Frage aber ist: Wie? Wir sind der Meinung: Nicht um jeden Preis.“
Ingrid Köppe und Bärbel Bohley verweisen auf die Fünf -Prozent-Klausel, die die SPD befürwortet, als ein Machtmittel der Herrschenden, um neue Gedanken auszugrenzen. „Und jetzt sollen wir auf dem Rücken der SPD ins Parlament? Unser Gewicht wird nur dazu beitragen, alle diejenigen, die weniger als 5 Prozent erreichen, noch etwas tiefer in den Sand zu treiben.“ Dem halten sie entgegen: „Wir wollen eine Antiparteienpolitik durchsetzen, Demokratisierung der Parlamente, direkte Demokratie. Das ist nicht mit einer 'gemeinsamen Willensbildung in der Fraktion‘ zu erreichen. (...) Erst nach ausreichender Diskussion und dem sachlichen Abwägen von Argumenten kann von der Basis eine Entscheidung getroffen werden.“
b. S.
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