: Bayern-SPD springt auf den Müll-Zug
■ Nach erfolgreichem Volksbegehren steigt die Partei aus ihrem Müllpakt mit der CSU aus / Unter geschickten Vorwänden gemeinsames Tischtuch zerschnitten / Neue Kontakte mit der Bürgeraktion?
Von Luitgard Koch
München (taz) - Die bayerische SPD fährt bewährten Zickzackkurs. Jetzt hat sie sich aus der bei der eigenen Basis heftig umstrittenen Kooperation mit der CSU bei der Müll-Entsorgung verabschiedet. Die Landtags-CSU habe das gemeinsame Tischtuch in der Müllfrage zerschnitten, ließ SPD -Chef Karl-Heinz Hiersemann seine Pressestelle kurz vor Ende der Legislaturperiode im bayerischen Landtag verkünden. Zusammen mit den Schwarzen hatte die SPD ein neues Müllgesetz erarbeitet, nachdem die landesweite Bürgeraktion „Das bessere Müllkonzept“ mit ihrem Volksbegehren die Parlamentarier auf Trab gebracht hatte. Während jedoch die Grünen eine Zusammenarbeit mit der schwarzen Mehrheitspartei ablehnten und die Bürgeraktion und ihr Volksbegehren unterstützten, zog es die SPD-Landtagsfraktion vor, Schulter an Schulter mit der CSU den „parlamentarischen Weg zu beschreiten“. Doch die SPD-Basis kämpfte lieber an der Seite der Bürgeraktion.
Nachdem das Müll-Volksbegehren jetzt rundum erfolgreich war, geriet die SPD-Landtagsfraktion vor allem in Hinblick auf die kommenden Landtagswahlen im Herbst immer mehr in Bedrängnis. Um sich aus ihrer mißlichen Lage zu befreien, unterbreiteten die Sozis der CSU und der Bürgeraktion zunächst das Angebot, sich noch einmal an einen Runden Tisch zu setzen, um diesmal das endgültig beste Müllkonzept zu erarbeiten. Erwartungsgemäß wurde dieses Angebot aber abgelehnt, denn die CSU glaubt bereits das beste Müllgesetz gefunden zu haben. Dieser Dissens reichte jedoch noch nicht zum Ausstieg.
Erst einen Dringlichkeitsantrag, dem die CSU die Dringlichkeit absprach, benutzten die Sozis jetzt zum Absprung aus dem immer peinlicher gewordenen Müllpakt. Mit diesem Antrag wollte die SPD eine „Verordnung über den Abfallentsorgungsplan Bayern“ aus dem Umweltministerium zurückweisen. Diese Verordnung, wonach Hausmüll, der nicht wiederverwertbar ist, verbrannt werden muß, stieß den Sozis übel auf. „Das sind Pyromanen und bleiben Pyromanen“, wußte SPD-Chef Hiersemann da plötzlich, obwohl die Bürgeraktion immer wieder darauf hingewiesen hatte, daß durch das Kompromißgesetz von CSU und SPD die „Tür für die Müllverbrennung weit offen“ sei.
Um doch noch einen Verantwortlichen für ihre Misere zu finden, schlugen die SPDler auch gleich auf die Grünen ein. Als „Erfüllungsgehilfen der CSU“, beschimpften sie die grünen Abgeordneten. Gestern nachmittag wurde im Landesvorstand noch heftig beraten, wie der Müllslalom der SPD nun weitergehen soll. Erneute Gespräche mit der Bürgeraktion wurden in Erwägung gezogen. Die Wahlen sind nah.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen