Erinnern an den 20. Juli 1944

■ NVA stellte sich durch neuen Fahneneid in die Tradition des konservativen militärischen Widerstands

Berlin/Bonn (ap/taz) - Mit einer Volkskammererklärung und der Neuvereidigung von Soldaten hat die DDR gestern an das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 erinnert. Angehörige aller Dienstgrade der Nationalen Volksarmee (NVA) schworen einen neuen Fahneneid. Zugleich wurden sie von ihrem vor der Wende geleisteten Eid und Offiziersgelöbnis entbunden, den Sozialismus zu verteidigen und „die Deutsche Demokratische Republik auf Befehl der Arbeiterregierung gegen jeden Feind zu schützen“. Der neue Fahneneid der Volksarmee lautet: „Ich schwöre, getreu dem Recht und den Gesetzen der Deutschen Demokratischen Republik meine militärischen Pflichten stets diszipliniert und ehrenhaft zu erfüllen. Ich schwöre, meine ganze Kraft zur Erhaltung des Friedens und zum Schutz der Deutschen Demokratischen Republik einzusetzen.“

In dem zugehörigen Tagesbefehl von Abrüstungs- und Verteidigungsminister Eppelmann heißt es: Die NVA, „demokratisch legitimiert, wirklich im Volke verwurzelt und seine Interessen wahrnehmend, hat ihren Beitrag im demokratischen Umgestaltungsprozeß geleistet und wird ihn auch weiterhin leisten“.

Die Opfer des 20. Juli wurden mit Kranzniederlegungen in der Gedenkstätte Plötzensee geehrt. An dieser Stelle waren die Wehrmacht-Offiziere aus dem Kreis um Claus Graf Schenk von Stauffenberg hingerichtet worden. Bundeskanzler Kohl erklärte in Bonn, in diesen Tagen erfülle sich „die Hoffnung auf die Freiheit und Einheit aller Deutschen“, die auch die Gruppe um Stauffenberg geleitet habe.

In der gemeinsamen Erklärung aller Ostberliner Parlamentsfraktionen hieß es: „Das Vermächtnis der Männer und Frauen des 20. Juli soll uns Verpflichtung sein, Diktaturen in jeder Form zu wehren.“ Antje Vollmer von der Bundestagsfraktion der Grünen bekundete „hohe Achtung“ denen gegenüber, die am 20. Juli 1944 ihr Leben im Widerstand gegen die NS-Diktatur riskiert haben. Allerdings werde der „Widerstand der kleinen Leute“ und die „mutige Tat derer verdrängt, die sich weigerten, an der verbrecherischen Kriegsführung des NS-Regimes teilzunehmen“. Diese Menschen „galten und gelten weiterhin als Feiglinge oder Vaterlandsverräter“. 20.000 Todesurteile haben die Militärjustiz der NS-Wehrmacht ausgesprochen. Deserteure, Kriegsdienstverweigerer, „Wehrkraftzersetzer“ und Opfern der Militärpsychiatrie müßten öffentlich rehabilitiert werden.

K.W. Siehe auch Kommentar Seite 10