: Der ganz normale Autowahnsinn
■ Die Wanderausstellung „Alptraum Auto“ wurde in Ost-Berlin eröffnet / Aufklärung gegen den wachsenden Individualverkehr
Mitte. Seit der Maueröffnung gibt's auch in Ost-Berlin den täglichen „Alptraum Auto“ - als verzweifelte Gegenmaßnahme wurde am Wochenende die gleichnamige Wanderaustellung im Funkturm eröffnet: eine Darstellung der Folgen des Individualverkehrs und die Aufforderung, das eigene Auto stehenzulassen und besser Busse und Bahnen zu benutzen. Daß die Ausstellung gerade jetzt in Ost-Berlin zu sehen ist, läßt sich auf die „Angst, daß im Osten die gleichen Fehler wie im Westen gemacht werden“ zurückführen, so Klaus Wolzin vom B.U.N.D., der das Material zur Verfügung stellte. Hatte in der DDR früher jeder fünfte ein eigenes Auto, so wird es in Zukunft wie im Westen jeder zweite sein, so die Befürchtungen.
„Alptraum heißt, am Anfang stand der Traum“ nach Freiheit und Beweglichkeit, so Mareile Löber von der Grünen Liga auf der Eröffnung. Aber inzwischen sei das Auto zum Alptraum geworden, mit dem man sich auseinandersetzen müsse. Die Ausstellung will dazu Anregungen geben. Der Ostberliner Umweltstadtrat Holger Brandt betonte, daß nicht nur die Abgase, sondern auch die Asphaltwüsten, die Automüllberge und die Vernichtung der Rohstoffreserven betrachtet werden müßten.
Drei Möglichkeiten hat der Umwelt-Stadtrat für die Verringerung des Individualverkehrs parat: Zunächst die Aufklärungsarbeit - zum Beispiel durch Ausstellungen wie diese -, zweitens die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und schließlich auch durch ein „Nicht-Angebot von Parkplätzen“, das ein Stehenlassen der Autos „erzwingen“ soll. Dagegen bringe der geplante Stadtring um Gesamt-Berlin „wenig“, so Brandt. Die Kosten der Ausstellung, die durch die Eintrittspreise nicht gedeckt werden, will der Umweltstadtrat übernehmen.
Hoffnung haben die Initiatoren der Ausstellung durch die Erfahrungen in Los Angeles: Die früher „autofreundlichste Stadt der Welt“ hat beschlossen, daß bis zum Jahr 2015 nur noch Elektroautos in der Stadt fahren dürfen. Der amerikanische Autokonzern General Motors habe bereits den Bau der dann notwendigen Elektroautos zugesichert. Zudem werde das, in den letzten Jahrzehnten zunehmend stillgelegte öffentliche Nahverkehrssystem jetzt zum „komfortabelsten Nahverkehrsnetz der Welt“ ausgebaut, berichtet Wolzin.
Rochus Görgen
Die bereits letztes Jahr im Rathaus Charlottenburg erfolgreich vorgestellte Ausstellung ist bis zum 25. August in den Ausstellungsräumen am Funkturm zu sehen. Öffnungszeiten: täglich 10.00 bis 19.00 Uhr. Eintritt: eine DM.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen