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Überfall im Kleiderschrank

Mit Insekten ist in diesem Jahr nicht gut Kirschen essen. Bienen und Wespen sind besonders sensibel. In Frankfurt spielte sich letzten Sonntag ein Szenario wie aus einem Horrorfilm ab. Eine 78jährige Frau öffnete nichtsahnend in ihrer Dachgeschoßwohnung einen Kleiderschrank. Kaum hatte sie die Tür offen, wurde sie von einem wilden Schwarm Wespen angegriffen und durch mehrere Stiche erheblich verletzt. Da der Schrank überwiegend Winterkleidung enthielt, war er längere Zeit nicht geöffnet worden. So konnte sich zwischen Innenboden und Schranktür ein Wespenvolk sein Nest bauen. Beim Öffnen der Tür wurde das Heim der Insekten brutal auseinandergeris

sen. Angesichts dieser gemeinen Provokation gingen die Tierchen zum Angriff über. Aber sie hatten keine Chance. Eilig herbeigerufene Feuerwehrleute rückten ihnen mit jeder Menge Chemie zu Leibe und vernichteten die heimatlos umherschwirrenden Wespen gnadenlos.

Österreich hat ebenfalls schwer mit Insekten zu kämpfen. Eine einzige Biene verursachte letzten Samstag einen neun Kilometer langen Verkehrsstau auf der Innkreis-Autobahn zwischen Passau und Linz. Der Fahrer eines Lastwagens war während der Fahrt aus bisher unbekanntem Grund von der Biene ins Bein gestochen worden. Als der schmerzgepeinigte Mann Vergeltung üben wollte und nach dem Tier schlug, verlor er die Kontrolle über sein Fahrzeug und schleuderte quer über die Fahrbahn. Dabei kippte der Anhänger um und

verstreute auf einer Länge von rund 200 Metern mehrere Tausend Fußmatten. Wie man hört, konnte die Biene unverletzt entkommen.

Im niederösterreichischen Getzeldorf wurde ein stolzer Reiter und sein Pferd von wildgewordenen Bienen

angegriffen. Der Reiter, ein begeisterter Hobby-Imker, wollte am Sonntag nach seinen Bienenstöcken sehen, als das Pferd von einem der Tierchen gestochen wurde. Der scheuende Gaul schlug mit den Hufen gegen einen Bienenstock, worauf die aufgescheuchten Bienen sich wütend auf Roß und Reiter stürzten und grausame Rache nahmen. Die dreijährige Araberstute verendete in einem Tümpel neben den Stöcken. Der 22jährige Hobby-Imker konnte sich trotz der etwa hundert Stiche auf eine Straße retten, wo ihn ein Autofahrer fand und in ein Krankenhaus brachte. Das österreichische Institut für Bienenkunde wies jetzt noch einmal darauf hin, das Pferdeschweiß auf die ansonsten völlig harmlosen Insekten genau die gleiche Wirkung hat, wie ein rotes Tuch auf Kampfstiere.

Karl Wegmann

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