: Gemeingefährliche Vegetarier
Daß der Körperbau des Menschen ihn als Gemischtesser mit Neigung zu vorwiegender Pflanzennahrung ausweist, ist mir vollkommen klar. Auch kann ich die ethischen Gründe eines Vegetariers, die auf der Überzeugung beruhen, daß der Mensch kein Recht hat, ein Tier zu töten und sein Fleisch zu verzehren, noch halbwegs nachvollziehen. Völlig einverstanden bin ich mit dem ökonomischen Vegetarismus, der dort notwendig wird, wo sich eine sehr zahlreiche Bevölkerung aus einer zu kleinen Bodenfläche ernähren muß. Und wenn einige überzeugte Pflanzenköstler predigen, diese „zu kleine Bodenfläche“ würde inzwischen den gesamten Globus umspannen, dann
komme ich ins Grübeln. Doch wenn sie mir erzählen wollen, daß ich vom Verzehr eines Schnitzels Krebs oder schlimmeres kriege und daß das Heil der Menschenheit in einer biodynamisch angebauten Mohrrübe zu finden sei, dann würde ich ihnen am liebsten DOOF in ihre Holzköpfe schnitzen. Wirklich aufregen kann ich mich über fanatische Vegetarier.
Seit einiger Zeit schon gibt es ein Buch mit vegetarischen Rezepten für Katzen. Katzen brauchen zwar eine gewisse pflanzliche Ernährung, sie sind aber in erster Linie Fleischfresser, und das kann kein Mensch ändern! Doch einige dieser irren Rohköstler spielen Gott und versuchen ihre Haustiere nur pflanzlich zu ernähren. Bei rein vegetarischer Diät ziehen Katzen sich schwere Erkrankungen zu und sterben einen langen, jämmerlichen Tod. Der Zoologe
Desmond Morris prangert das mit Recht als einen schweren Fall von Tierquälerei an. Das Töten von Katzen ist schon grausam genug, aber es kommt noch viel schlimmer.
Ein Gericht in Toronto hat jetzt ein Ehepaar zu zwei Jahren Gefängnis
verurteilt, weil ihr Kind im Laufe einer siebenmonatigen vegetarischen Diät gestorben ist. Die kleine Lorie hatte bei ihrem Tod nur noch das Gewicht eines drei Monate alten Säuglings, obwohl sie bereits 17 Monate alt war. Praktisch kahlköpfig, den Körper mit roten Flecken und Wunden übersät, war sie an Unterernährung und einer Lungenentzündung gestorben. Die Eltern hatten Fleisch und Milchprodukte vom Speiseplan ihrer Tochter gestrichen, um ein paar Flecken zu behandeln, die auf ihrer Haut aufgetaucht waren. Der Richter brachte sein totales Unverständnis darüber zum Ausdruck, daß jemand, „der noch alle Sinne beieinander hat, nicht sofort den Notarzt ruft, wenn er ein Kind in dieser Verfassung sieht“. Die Eltern fühlen sich unschuldig und haben Berufung eingelegt.
Karl Wegmann
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