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IRA bekennt sich zu Anschlag auf Gow

■ Der Abgeordnete vom rechten Tory-Flügel war einer der Architekten der britischen Nordirland-Politik

London (ap/afp/taz) - Die Irisch-Republikanische Armee (IRA) hat sich zu dem Anschlag auf den konservativen britischen Unterhausabgeordneten Ian Gow bekannt. In der Presseerklärung, die gestern mittag dem Londoner Büro der Nachrichtenagentur 'Press Association‘ zuging, heißt es, Gow sei wegen seiner engen Beziehungen zu Premierministerin Margaret Thatcher getötet worden.

„Bis die britische Regierung, die die sechs (nordirischen) Grafschaften besetzt hält, ihre nutzlose Militärkampagne aufgibt, die Teilung aufgibt und das Recht des irischen Volkes auf Selbstbestimmung anerkennt, wird die IRA weiter Anschläge verüben, wann immer und wo auch immer sich die Gelegenheit bietet“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Gow war Montag früh im südostenglischen Hankham durch eine zwei Kilogramm schwere Bombe getötet worden, die unter seinem Auto angebracht war. Der 53jährige Abgeordnete, der dem rechten Tory-Flügel angehörte, war Vorsitzender des Nordirlandausschusses im Unterhaus und galt als enger Vertrauter von Premierministerin Margaret Thatcher, deren Privatsekretär er von 1979 bis 1983 war.

Gow stand auf der schwarzen Liste der IRA, die etwa hundert Namen umfaßt, teilte der Chef der Anti-Terroreinheit von Scotland Yard, George Churchill-Coleman, mit. Darüber sei Gow informiert gewesen. Nach der Entdeckung der Liste im Dezember 1988 in einer Wohnung in Clapham im Süden Londons hatte die Polizei dem Parlamentarier Sonderschutz angeboten und ihm geraten, besondere Vorkehrungen zu treffen, sagte der Beamte. Das lehnte Gow jedoch ab. Die britischen Medien kritisierten gestern die Tatsache, daß Gows Name mit voller Adresse sowohl im Telefonbuch, als auch im britischen „Who's Who“ verzeichnet ist.

Gow war einer der vehementesten IRA-Kritiker. Das Attentat wurde von Politikern in Großbritannien und Irland einhellig verurteilt. Der stellvertretende Premierminister Sir Geoffrey Howe war „zutiefst schockiert und verärgert über diesen feigen und böswilligen Mord“. Labour-Chef und Oppositionsführer Neil Kinnock bezeichnete das Attentat als eine „schreckliche Greueltat“. Lord Fitt, ein früherer Abgeordneter für West-Belfast, sagte: „Zweifellos hat er sich durch einige seiner Äußerungen zum Ziel der IRA-Mörder gemacht.“

Am Montag abend wurde bekannt, daß die IRA im Besitz von Unterlagen über Manöver der britischen Armee ist, die in der Bundesrepublik geplant sind. Die Geheimunterlagen seien der IRA in der vergangenen Woche zugespielt worden, heißt es in der Dubliner 'Evening Press‘. Sie sollen sich in einem Auto befunden haben, das vor acht Tagen in Belfast gestohlen wurde. Ein Sprecher der britischen Armee erklärte, daß die Manöverunterlagen „vermißt“ würden. Die Übung müsse daher anders als geplant ablaufen. Darüber hinaus sollen die Unterlagen auch persönliche Daten von Armeeoffizieren enthalten.

J.S./RaSo

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