: Seuchenängste im Südwesten
■ Minister Weiser: Scrapie und Rinderwahn sind zweierlei
Stuttgart (ap/taz) - Die in einer Schafherde in Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg) festgestellte Traberkrankheit „Scrapie“ sei nicht identisch mit der als „Rinderwahnsinn“ bekannten BSE-Erkrankung von Rindern. Dies hat das Stuttgarter Landwirtschaftsministerium gestern klargestellt, nachdem viele Zeitungen gemeldet hatten, daß die Rinderseuche jetzt auch in der Bundesrepublik ausgebrochen sei. Ministeriumssprecher Reichardt sagte, bei der Schafkrankheit und der Rinderseuche sei allerdings „mit großer Wahrscheinlichkeit von einem verwandten Erreger auszugehen“. Eine Übertragung des Erregers auf Menschen scheide nach bisheriger Kenntnis aus, versicherte er und widersprach damit vielen Wissenschaftlern, die für eine Übertragung ein „geringes Restrisiko“ sehen.
Landwirtschaftsminister Weiser rief die Schafhalter auf, ihre Herden gezielt zu beobachten und Auffälligkeiten sofort zu melden. Die Gehirnerkrankung, die Störungen im Bewegungsablauf hervorruft, hat ihren Namen durch den trabähnlichen Gang der erkrankten Tiere. Der Stuttgarter Minister hatte am Freitag, wie gestern berichtet, die Schlachtung aller 1.126 zur Flugplatzschafherde von Schwenningen gehörenden Tiere angeordnet, nachdem die Traberkrankheit (Scrapie) bei einem Anfang der 80er Jahre aus Frankreich importierten Schaf einer englischen Rasse nachgewiesen wurde. Die Schafseuche, war damit erstmals seit 42 Jahren wieder in der BRD aufgetreten.
Da die Schwenninger Schafherde seit Aufkommen des Verdachts schon vor anderthalb Jahren unter strenger Beobachtung stand, sei es „äußerst unwahrscheinlich“, daß der Erreger auf Rinder übertragen worden sei, erklärte der Sprecher weiter. Die getöteten Schafe seien bei einer Temperatur von 145 Grad zu Tiermehl verarbeitet worden, das demnächst als Sondermüll verbrannt werde. Damit sei der Erreger „in jedem Fall“ zerstört. Der Besitzer der Herde wird mit 400.000 D -Mark entschädigt.
Was den Krankheitserreger anbetrifft, tappt die Wissenschaft im Dunkeln. Der Erreger sei „weder charakterisiert noch identifiziert noch dargestellt, was ihn besonders heimtückisch macht und die Bekämpfung praktisch unmöglich werden läßt“, erklärte Reichardt. So habe es von ersten Verdachtsmomenten bis zur Feststellung der Krankheit bei dem Schaf eineinhalb Jahre gedauert.
Laut Reichardt besteht keinerlei Möglichkeit, Blut, Speichel, Urin oder Kot lebender Tiere zu untersuchen, da zum Erreger keine Antikörper gebildet werden. Die einzige Chance, der Traberkrankheit auf die Spur zu kommen, bestehe darin, die Gerhinmasse von Tieren zu untersuchen.
P.S.: Die taz-Oko-Redakteure empfehlen Kabeljau-Filet.
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