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Wer sollte Saddam Hussein stoppen?

■ Boykotte und Verurteilungen machen die irakische Invasion nicht rückgängig

Ob die weltweite Ächtung des irakischen Diktators Saddam Hussein und die angekündigten wirtschaftlichen Boykottmaßnahmen gegen sein Land dem okkupierten Emirat Kuwait seine Souveränitat zurückgeben werden, ist mehr als zweifelhaft. Der irakische Hai, der im trüben Gewässer des Golfes den kuwaitischen Goldfisch geschluckt hat, wird wohl wegen der empörten Gemüter im Abendland das Opfer nicht wieder ausspucken. Mehr als einmal gab es in der neueren Geschichte Boykotte gegen diesen oder jenen Staat. Doch sie verliefen alle mehr oder weniger ohne Erfolg. Der freie Markt hat bekanntlich genügend Schleichwege, alle Embargos zu brechen. Ferner kann der Westen über kurz oder lang nicht auf jene Ölreserven verzichten, über die Saddam nach seinem gelungenen Überfall verfügt.

Ist die irakische Herrschaft erst einmal in Kuwait stabilisiert, und sorgt Bagdad dafür, daß das Öl weiterhin in Richtung Westen fließt, dann werden sich die Gemüter in den Industriestaaten beruhigen und man wird sich mit der neuen Lage am Golf abfinden.

Der Überfall auf Kuwait hat die Brüchigkeit vieler arabischer Staaten, namentlich der Scheichtümer und Emirate am Golf, deutlich gemacht. Viel mehr als äußere Angriffe wird künftig die innere Unbotmäßigkeit den Machthabern in dieser Region zu schaffen machen. Eine Reihe arabischer Staaten wie Kuwait sind Überbleibsel des britischen Kolonialismus und haben als solche weder eine Geschichte noch ein nationales oder sonstiges sie zusammenhaltendes Bewußtsein. In manchen dieser Länder ist die Bevölkerung zur Hälfte und mehr fremder Herkunft. Sie ist empfänglich für Auflehnung, Rebellion und politischen Umsturz. Viele werden in Saddam einen großen arabischen Führer, einen „Befreier“ sehen. Sie werden eher ihm als den anachronistischen Herrschaftshäusern folgen.

Die eben in Kairo beendete Islamische Konferenz hat zwar mit überwiegender Mehrheit der 45 teilnehmenden Staaten die irakische Aggression verurteilt. Doch die inner-islamischen und inner-arabischen Zwistigkeiten sind so tiefgreifend, daß von einem effektiven gemeinsamen Vorgehen keine Rede sein kann. Die ohnehin halbherzigen Beschlüsse von Kairo sind nicht imstande, den siegestunkenen Generälen in Bagdad Einhalt zu gebieten.

Ahmad Taheri

Der Autor ist iranischer Frankfurter und freier Publizist.

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