Leben wie ein Hund in Amerika

Die Urlaubszeit ist für Haustiere meist eine sehr schlechte Zeit. Die Deutschen haben da diesen alten Brauch, ihren vierbeinigen Freunden kurz vor Reiseantritt die Freiheit zu schenken. Die Katzen und Hunde werden am Straßenrand einfach ausgesetzt. Wenn sie „Glück“ haben, werden sie von einem städtischen Tierfänger geschnappt und kommen in ein Heim, im ungünstigsten Fall bekommen sie einen Job als Versuchskaninchen in einer Pharmafabrik. Die Amerikaner sind uns da wieder mal einen großen Schritt voraus. Wenn Herrchen oder Frauchen in den USA in Urlaub fährt, dürfen die lieben Vierbeiner in Luxus-Hotels auf ihre Rückkehr warten. Die Etablisse

ments rühmen sich nicht nur eleganter Räumlichkeiten und eines erfahrenen Personals, sondern auch einer exquisiten Küche - Diätgerichte für Gäste mit Gewichtsproblemen eingeschlossen. Wenn ihre Besitzer über das nötige Kleingeld verfügen, hat der reinrassige Kläffer es nicht nötig, ein Hundeleben zu führen. Er kann seine müden Pfoten auf spitzenbesetzten Satinkissen ausstrecken, im Fernsehen Videos seiner menschlichen Familie ansehen, auf einer Tretmühle Muskeln und Ausdauer stärken und sich in einer Tanzgruppe amüsieren. Kommt Post von den Besitzern, dann wird sie den Hotelgästen natürlich vorgelesen, und wenn die Urlauber anrufen, dann werden die Gespräche durchgestellt. Ein Haustierhotel in Kalifornien wirbt mit Suiten, die in afrikanischem, französischem oder britischem Stil

eingerichtet sind. Der in Übersee weilende Tiernarr kann sich so der Illusion hingeben, daß sein Liebling zumindest in ähnlicher Umgebung weilt wie er selbst.

Nicht nur in Tierpensionen geht in den USA der Trend zum Luxus für

Hund und Katz. Da gibt es den Futternapf aus Marmor, den Nerzmantel für Hunde, und Dosenfutter ist verpönt, es gibt ja schließlich „Gourmet„-Nahrung. Für die Gesundheitspflege werden Unsummen ausgegeben. Die umsorgten Viecher erhalten Strahlenbehandlungen, künstliche Hüftgelenke, Nierentransplantate, und selbst Herzschrittmacher für Kuscheltiere gibt es. Elf Milliarden Dollar gaben die Amerikaner 1989 aus, um ihre 58 Millionen Katzen, 50 Millionen Hunde und die unzähligen sonstigen Haustiere zu füttern und zu pflegen. Da mag das Heer der Menschen, die unter dem Existenzminimum leben müssen, täglich größer werden, die Kriminalitätsrate in schwindelerregende Höhen wachsen - den Haustieren in den Vereinigten Staaten geht es immer besser.

Karl Wegmann