Erstmals „Unterbindungsgewahrsam“

■ Polizei hält vier Personen der Hiroshima-Mahnwache von Gundremmingen fest

München (taz) - Genau eine Woche nach dem umstrittenen Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, der das neue Polizeiaufgabengesetz und damit einen Unterbindungsgewahrsam von bis zu vierzehn Tagen für verfassungsmäßig erklärt hatte, macht der Freistaat ernst: Drei Männer und eine Frau wurden am Montag in polizeilichen Unterbindungsgewahrsam genommen, weil sie mit einer Mahnwache vor dem AKW Gundremmingen an den Atombombenabwurf auf Hiroshima erinnern und gegen die wirtschaftliche Nutzung der Atomkraft protestieren wollten. Mit ihrer Freilassung können die vier wahrscheinlich erst am Donnerstag gegen 17 Uhr, dem geplanten Ende der Aktionswoche, rechnen. Bis dahin gilt die richterliche Anweisung des Unterbindungsgewahrsam. Der Günzburger Amtsrichter Seizer berief sich in seiner Entscheidung explizit auf das Polizeiaufgabengesetz, das bei „Störungen der öffentlichen Sicherheit“ und der „Gefahr von Straftaten“ eine vorbeugende Festsetzung Verdächtiger zuläßt. Mit dieser Entscheidung wurde das erweiterte Polizeiaufgabengesetz - zumindest nach Ansicht der bayerischen Grünen - genau für den Fall angewendet, für den es offensichtlich auch geschaffen worden sei - „zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit kritischer Bürgerinnen und Bürger“. Sie sehen mit „das Versammlungsrecht in Bayern praktisch abgeschafft“, zumal keinesfalls von Ordnungswidrigkeiten „von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit“ gesprochen werden könne.

Kerstin Hartig