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Schweres Gift in Reutlingen

■ Pflanzenschutzmittel ausgelaufen / Autos fuhren durch giftige Pfütze / Landratsamt löste Katastrophenalarm aus / 46 Menschen im Krankenhaus / 100 Autos mußten dekontaminiert werden

Reutlingen (ap) - Durch das Auslaufen eines hochgiftigen Pflanzenschutzmittels haben in Münsingen auf der Schwäbischen Alb mindestens 46 Menschen Vergiftungen erlitten. Wie das Landratsamt in Reutlingen gestern berichtete, waren am Donnerstag nachmittag auf einem städtischen Transporter zwei Behälter mit dem Pflanzenschutzmittel „Raphatox“ zerbrochen.

Das Gift floß am Ortsausgang auf die Bundesstraße 465, wo eine unbekannte Anzahl von Autos durch die hochexplosive Pfütze fuhr. Das Landratsamt löste am Donnerstag abend um 20.15 Uhr Katastrophenalarm aus. Nach einem Warnaufruf über Radio meldeten sich bis Freitag morgen weit über 100 betroffene Autofahrer. Sechs Menschen mußten mit Vergiftungserscheinungen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Mindstens 40 weitere wurde ambulant behandelt. Das Gift löst Übelkeit, Atembeschwerden und Augenreizungen aus. Schlimmstenfalls kann es zum Tode führen.

Das Landratsamt Reutlingen richtete in der Herzog-Albrecht -Kaserne in Münsingen ein Dekontaminationszentrum ein. Dort sollten unter Mitwirkung des ABC-Zuges des Landkreises die betroffenen Autos entgiftet werden. Die Fahrbahn der Bundesstraße wurde noch in der Nacht zum Freitag unter Mithilfe von Chemikern von dem Gift gereinigt.

Nach Darstellung des stellvertretenden Landrates Horst Eiberger hatte sich das Unglück bereits am Donnerstag nachmittag um 16.30 Uhr ereignet, ohne daß jedoch zunächst das Ausmaß der Gefahr erkannt worden war. Nachdem in einem Jugendhaus in einem Ortsteil von Münsingen bei Bauarbeiten mehrere Glasbehälter unbekannten Inhalts entdeckt worden waren, hatte ein städtischer Transporter die Kannen vorsorglich zu einer Entsorgungsstelle am Bauhof bringen wollen. Bei der Fahrt über die Bundesstraße 465 zerbrachen in der Höhe des Ortsausgangs zwei der Behälter.

Das Gift, insgesamt 50 Liter, wurde über die Fahrbahn verteilt. Erst Polizei und Feuerwehr entdeckten bei ihrem Eintreffen, daß es sich bei dem Stoff offenbar um ein hochgiftiges und hochexplosives Pflanzenschutzmittel handelte. Der Stoff war inzwischen verdunstet, Reste waren auf der Fahrbahn festgefahren. Um 2.20 Uhr am Freitag morgen wurde der Katastrophenalarm aufgehoben. Bis gegen 10 Uhr hatten sich über 100 Autofahrer gemeldet, die an die Entgiftungsstelle weitergeleitet wurden.

Unklar war zunächst, wieviele Menschen und Autos insgesamt mit dem Gift in Berührung gekommen waren. Die Behörden riefen die Bevölkerung auf, jeden Hautkontakt mit kontaminierten Stellen unbedingt zu vermeiden. Unklar blieb zunächst auch, warum die Bundesstraße nach dem Unfall nicht sofort weiträumig abgesperrt worden war.

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