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Altlasten verhindern Planung

■ Das ehemalige Gelände der Burmeister Werft wird bis auf weiteres brach liegen

Zwischen Bremer Heerstraße und Autobahn E 234, direkt an der Lesum, liegen etwa 18.000 Quadratmeter Brachland - das Gelände der ehemaligen Burmeister Werft. Leerstehende Lager und Barackenbauten, große Flächen Wildwuchs und „Öko„-Wiesen bestimmen das Bild. Verrostete Maschinen am anderen Ufer der Lesum, Schienen und Wege die ins Nichts führen, deuten auf einst reges Werftleben am Deich. Hier wurden Jahrzehnte lang Schiffe gebaut und repariert, Schiffsböden gereinigt und gestrichen. Gleich hinter einerBeugung der Uferstraße stehen zwei verlassene Wohnhauser mit eingeschlagenen Fenstern ungenutzter Wohnraum?

Etwa sieben Jahre ist es bereits her, daß Eigentümer Thomas Müller Konkurs anmeldete. Damals wurde er nach dem Verursacherprinzip zur Altlastensanierung verpflichtet. In einem Gutachten, das schon 1988 im Lesumer Beirat ausführlich diskutiert wurde, wies man Rückstände von Teer und Benzin sowie Kohlenwasserstoffe, Holz und Abfälle von Schweißarbeiten nach. Bald jedoch stellte sich heraus, daß bei Müller außer Schulden nichts zu holen war. Interessenten nahmen

wegen der doppelten Hypothek, Altlastensanierung und Schulden, schleunigst Abstand und überließen das Gelände und mit ihm die Altlasten seinem Schicksal.

„Das Grundproblem bei der ganzen Sache ist, daß die vom Umweltamt Bremen veranschlagten Sanierungskosten bei weitem den jetzigen Gesamtwert übertreffen“, erklärt Altlasten-und Sonderabfallspezialist Dr.Rolf Wundes. Den gegenwärtigen Wert des Geländes schätzt er um 500.000 DM, wohingegen die Kosten für ein vom Umweltamt ausgearbeitetes Sanierungs -Projekt bei 3,7 Millionen DM lägen.

Der erste Anlauf, dafür öffentliche Mittel zu erhalten, ist bereits fehlgeschlagen. Gemeinsam mit 300 anderen Bewerbern nahm die Stadt Bremen im vergangenen Jahr mit ihrem Werftsanierungsplan an einer Ausschreibung des Bundesminister für Forschung und Industrie teil. Der Antrag auf Bundesmittel wurde abgelehnt mit der Begründung, die vorgeschlagenen neuen biologischen Verfahren seien zu wenig erprobt.

Ob die Stadt Bremen sich mit Haushaltsmitteln beteiligen wird, ist ebenfalls fraglich. „Auch in

Bremen erhält man leichter Gelder für einen Industriestandort als für ein zukünftiges Wohngebiet“, lautet dazu die nüchterne Feststellung Wundes. Wegen der Anfahrtswege, die überwiegend aus sehr engen Straßen bestehen, sei das Gebiet jedoch für Gewerbetreibende ausgesprochen ungünstig. Deshalb sieht auch der vom Bauamt Nord vorgelegte Bebauungsplan in erster Linie die Errichtung von Einfamilien-Wohnhäusern vor. Die Verwirklichung und endgültige Beschließung des Bauvorhabens hängt jedoch von der Reinigung des Bodens ab. Vorher, so Rolf Wundes, werde kein grünes Licht gegeben. „So wie ich die Sache sehe, wird das Gelände wohl noch ziemlich lange brach liegen“. Dem sieht er gelassen entgegen. Da es sich hier „keineswegs um eine überdurchschnittliche Belastung der Umwelt handele“, könne man ruhig noch eine Zeitlang auf einen geeigneten Sponsor warten.

Grundsätzlich gegen eine Bebauung des ehemaligen Werftgeländes ist der Gesamtverband Natur und Umweltschutz Unterweser e.V. Da das Gebiet direkt an das Lesumer Landschaftsschutzgebiet grenzt, befürchtet der Verband „starke Beeinträchtigun

gen“ von Natur und Landschaft. Besonders empört reagierte man auf folgende Formulierung des Bebauungsplanes: „Schaffung von Wohnbaufläche in landschaftlich hervorragender Lage, damit eröffnet sich die Chance, das brachliegende Gebiet einer

geordneten Nutzung zuzuführen“. „Geordnete Nutzung“ sei jedoch meist nichts anderes als die Vernichtung von Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Schon in einer Erklärung des Verbandes von 1986 heißt es dazu unter anderem: „Nach dem Bremer Natur

schutzgesetz sind unbebaute Flächen die Voraussetzung für eine ökologisch funktionsfähige Landschaft. Brachflächen bieten für Tiere und Planzen ein Rückzugsgebiet. Ökologie kontra Wohnen?

Birgit Ziegenhage

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