Öffentlicher Dienst in Not

■ Auch Finanzsenator Norbert Meisner warnt vor den Problemen beim öffentlichen Dienst / Absage an den Ostberliner Innenstadtrat Krüger

Berlin. Zum zweiten Mal innerhalb von drei Tagen schlug gestern der Westberliner Finanzsenator Norbert Meisner (SPD) Alarm und fand eindringliche Worte in Richtung Bundesregierung: Offenbar aufgeschreckt durch ein taz -Interview mit dem Ostberliner Innenstadtrat Thomas Krüger (SPD) über die Probleme des öffentlichen Dienstes, die mit der Vereinigung auf das künftige Land Berlin zukommen, trat Meisner vor die Presse, um sich von den Aussagen Krügers zu distanzieren. Auch Meisner mußte zugeben, daß derzeit niemand die genauen Zahlen über die Menschen kenne, die in den Ostberliner Verwaltungen und künftigen kommunalen Einrichtungen beschäftigt sind. „Die Angaben schwanken zwischen weit über 100.000 und mehr als 200.000“, so Meisner. Krüger hatte im Gespräch mit der taz die Zahl der in öffentlichen Institutionen Arbeitenden auf bis zu 300.000 geschätzt.

Meisner widersprach der Ansicht Krügers, der den Wunsch geäußert hatte, so viele Mitarbeiter und Institutitonen wie möglich auf kommunaler Ebene in einer gemeinsamen Verwaltung zu übernehmen. Es komme nicht in Frage, komplette Einrichtungen ungeprüft zu übernehmen. „Eine solche Strategie verschärft das finanzpolitische Problem Berlins, anstatt die Probleme der Menschen zu lösen.“ Als Alternativen wußte der Finanzsenator aber nur Hilfe des Bundes und eine aktive Arbeitsmarktpolitik des Senats anzubieten, ohne konkretere Vorschläge machen zu können. Er forderte die Bundesregierung auf, die besondere Rolle Berlins bei den Verhandlungen mit der DDR zu berücksichtigen.

Große Probleme wird es nach der Darstellung des Finanzsenators im Kultur- und im Wissenschaftsbereich geben: Da nach den bisherigen Vereinbarungen zum Staatsvertrag die Institutionen, die ehemals der Zentralregierung der DDR unterstellt waren, an das Bundesland abgegeben werden sollen, auf dessen Territorium sie stehen, „erbt“ Berlin von der Akademie der Wissenschaften bis zur Museumsinsel einen riesigen Personalbestand nebst den dazugehörenden Bauten. Es sei absolut unabdingbar, daß hier überregionale Finanzierungslösungen gefunden würden, forderte Meisner. „Wir können das aus dem Landeshaushalt von Berlin nicht bezahlen.“

Scharfe Kritik an Vereinbarungen des DDR-Innenministeriums mit den Gewerkschaften übte gestern Justizsenatorin Jutta Limbach. In der erst jetzt bekanntgewordenen „Sozialvereinbarung“ mit der DDR-Regierung ist vorgesehen, Arbeitnehmern aus dem Innenministerium, der Polizei und des Strafvollzuges bei Rationalisierungsmaßnahmen Kündigungsschutz zu gewähren und Überbrückungsgelder zu zahlen. Limbach forderte die Bundesregierung auf, bei Verhandlungen zu erreichen, daß diese Regelung im Strafvollzug nicht angewendet wird.

kd