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Ohne Krippenplatz gibt's keine Arbeit

■ BRD-Frauenministerinnen verlangen drei Milliarden DM für DDR-Krippen und -Kindergärten im ersten gesamtdeutschen Etat

Von Helga Lukoschat

Berlin (taz) - Fallen die Krippen und Kindergärten der DDR einem „Kahlschlag“ zum Opfer? Das befürchten westdeutsche Frauenpolitikerinnen, wenn die Bundesregierung im zweiten Einigungsvertrag nicht für eine angemessene Absicherung der DDR-Einrichtungen sorgt. Drei Milliarden DM für das Jahr 1991 fordern die Frauenministerinnen der Länder Berlin, Niedersachsen, Saarland und Schleswig-Holstein. „Die Öffentlichkeit hat es noch gar nicht zur Kenntnis genommen: bereits in den nächsten Tagen wird entschieden, wieviel Geld für die Krippen und Kindergärten zur Verfügung stehen wird“, heißt es in dem gemeinsamen Schreiben der Ministerinnen Waltraud Schoppe (Grüne), Gisela Böhrk (SPD), Anne Klein (AL) und Brunhilde Peter (Saarland/SPD) an Bundeskanzler Helmut Kohl.

Die Politikerinnen setzen sich dafür ein, im zweiten Staatsvertrag eine Absicherung der Krippen und Kindergärten festzuschreiben. Ein entsprechender Haushaltstitel soll im ersten gesamtdeutschen Etat verankert werden. Dies entspricht auch den Vorstellungen der DDR-Regierung. Die DDR hat nach Informationen der Ministerinnen einen Bedarf von vier Milliarden DM errechnet. Eine Milliarde soll allerdings durch Eigenbeiträge aufgebracht werden. Umstritten ist in Bonn jedoch noch, ob die Absicherung der Einrichtungen im Bundeshaushalt aufgenommen werden kann, da die Finanzierung von Kindergärten grundsätzlich Ländersache ist.

Im Bonner Familien- und Frauenministerium erklärte dazu Sprecherin Ulrike Fremery, man bemühe sich, für „eine Übergangszeit“ die Einrichtungen der DDR zu unterstützen. Dies bereite aber Probleme: „Der Bund kann nicht einfach Sachen machen, die originär Aufgabe der Länder sind.“

Länder und Kommunen werden aber im kommenden Jahr angesichts der desolaten Finanzsituation in der DDR mit Sicherheit nicht über genügend Einnahmen verfügen, um die Finanzierung der Krippen und Kindergärten im bisherigen Umfang sicherzustellen. Die Betriebe, die bisher ein Großteil der Einrichtungen unterhielten, haben diese inzwischen an die Kommunen „abgestoßen“. Waltraud Schoppe sieht es deshalb als gerechtfertigt an, für eine Übergangszeit einen Haushaltstitel einzurichten, aus dem die Länder der DDR anteilsmäßig beteiligt werden: „Sonst gehen die Gelder sonstwohin.“ Nach Informationen der niedersächsichen Frauenministerin gibt es im federführenden Bonner Innenministerium die Bereitschaft, angesichts der „Ausnahmesituation“ die drei Milliarden in den Haushalt einzuführen. Widerspruch soll nun ausgerechnet aus dem SPD -regierten Nordrhein-Westfalen kommen, das sich mit dieser Regelung gegenüber den Ländern der DDR benachteiligt sehen würde. NRW hat eine zahlenmäßig größere Bevölkerung als die fünf Länder der DDR zusammen und gibt für Kinderbetreuung eine Milliarde DM jährlich aus.

Sollte der befürchtete „Kahlschlag“ bei den Krippen und Kindergärten stattfinden, befürchten die Ministerinnen einen „dramatischen negativen Kreislauf für Frauen und ihre Familien“: Wer keinen Kindergartenplatz habe, bekomme keine Arbeit; wer keine Arbeit antreten könne, erhalte kein Arbeitslosengeld. Junge Familien würden somit leicht in die Armut abgedrängt. Die Chancen von Frauen auf dem DDR -Arbeitsmarkt würden sich ohnehin weiter verschlechtern. Die Frauenpolitikerinnen bennennen auch die negativen Folgen für die Kinder der DDR. Gerade in Krisenzeiten seien diese auf ein „stabiles Umfeld“ angewiesen. Dabei halten Schoppe und ihre Kolleginnen die Krippen und Kindergärten durchaus für verbesserungswürdig. Reformen und neue pädagogische Konzepte aber würden durch die befürchteten Kürzungen „in weite Ferne gerückt“.

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