piwik no script img

Asyl-"Debatte"

■ betr.: "NRW will Kasernen für Flüchtlinge", taz vom 14.8.90

betr.: „NRW will Kasernen für Flüchtlinge“, taz vom 14.8.90

Detailreich mühte sich taz-Autor Jakobs, die jüngsten drastischen Maßnahmen der NRW/SPD-Landesregierung gegenüber Asylsuchenden in einem milden Licht erscheinen zu lassen.

Wer die regelmäßig zu Wahlkampfzeiten aufkommenden Asyl -„Debatten“ und ihre fatalen Auswirkungen verfolgt hat, weiß, daß von sich liberal gebenden Politikern, die einerseits das Fähnchen des Asylgrundrechts schwenken und andererseits eine restriktive Flüchtlingspolitik praktizieren, wenig zu erwarten ist; zumal wenn sie ihre Position nur hinter vorgehaltener Hand äußern wollen. Aus den schwammigen Formulierungen der NRW-Regierung zum Asylgrundrecht eine (versteckte) Widerstandshaltung gegen eine Grundrechtsänderung konstruieren zu wollen, ist eine einzige Lobhudelei auf die NRW-SPD und ein Hohn gegenüber den eigentlich Betroffenen, den mit „Gemeinschaftsverpflegung“ traktierten und in Sammellagern internierten Flüchtlingen.

(...) Die Landesregierung weiß, was es bedeutet, Menschen, die aus Extremsituationen flüchteten, in Sammellagern zu internieren und ihnen mit Sammelverpflegung und der Verweigerung von Bargeld auch noch eine minimale Selbstbestimmung zu verwehren. Die dadurch verursachten Krankheiten und psychischen Schäden, die im Extremfall zum Suizid oder auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen, sind reichlich dokumentiert. Ebenfalls hinlänglich bekannt ist die von Flüchtlingssammellagern ausgehende Anziehungskraft auf rechtsextremistische Attentäter, die sogar wie kürzlich gemeldet, zuweilen von Nachbarn angeheuert werden.

Die NRW-Regierung weiß das alles und nimmt es billigend in Kauf. Der notwendige Widerstand gegen dieses rassistische Roll-back in der Flüchtlingspolitik, dessen profiliertester Vertreter gegenwärtig der Wahltaktiker Lafontaine ist, bedeutet auch Widerstand gegen eine sich zusehends brutalisierende Politik gegenüber anderen sozial isolierten Gruppen.

Werner Reisberger, Bochum (BRD

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen