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Freie Fahrt in den Abgrund

■ In der BRD ist nicht die Verfassung, sondern die Straßenverkehrsordnung die Determinante des Alltagslebens / Plädoyer gegen die Herrschaft des Autos

Von Helmut Holzapfel

Maschinengleich, prognostizierbar und immer hektischer zwischen Stau und Vollgas pulsierend wächst der motorisierte Verkehr an. Sinnbild einer Gesellschaft, die ökologische und soziale Folgen ihres Handelns verdrängt und die, nur das Beschleunigen gewöhnt, klaren Kurs auf eine ökologische Leidensgesellschaft in Lärm, Gestank und psychischer Belastung hält. 1. Beschleunigung ins ökologische Desaster

Das moderne Verkehrswesen ist geradezu exemplarisch für den gegenwärtigen Trend moderner Industriestaaten, ja es überhöht und nimmt manche Erscheinungen voraus, da der Austausch durch Produktionssteigerung, Entfernungswachstum und zeitliche Optimierung von Organisationsformen gleichzeitig erfaßt wird. Ursprünglich waren es eigentlich nur Folgeprozesse des Lebens von Menschen, der Weg zur Arbeit, zur Freizeit, zum Einkauf. Mittlerweile wird der Weg wichtiger als die Tätigkeiten selbst.

So ist in der Bundesrepublik mehr Fläche für die Motorfahrzeuge asphaltiert, als zum Wohnen und für die industrielle Produktion verbraucht wird, es kommen mehr Menschen durch die Autos um als in unseren Fabriken durch Arbeitsunfälle.

Wie kommt es, daß die Menschen solch eine Sinnlosigkeit mitmachen? Warum werden, trotz immer verheerenderer Wirkungen des modernen Verkehrswesens, Alternativen nicht praktiziert?

Diese Frage zu stellen, wird allmählich unaufschiebbar, denn an Vorschlägen, gar anderer Überzeugung oder (wenn auch wie wir sehen werden, meist vorgeschütztem) anderem Willen scheint es nicht zu fehlen. Seit Jahrzehnten zeigt man sich besorgt und betont, so könne es nicht weitergehen. Sogar aus den Führungsetagen der Autokonzerne ertönen Rufe nach „autofreier Stadt“, und man reibt sich die Augen, wenn man demgegenüber die Realität sieht.

Die Menschen verhalten sich nach Plan. Die Automodelle (und mit ihnen die Lebensformen) für das Jahr 2005 liegen bereits auf dem Reißbrett, die dann erhöhte Produktion ist schon angelegt. Während Vorstände und Politik im Verkehrswesen von „Ethik“ reden, schafft die Realität weitere Fakten und verschärft die Krise.

Wir leben in einer technisch und ökonomisch hochdeterminierten Gesellschaft - und die Determinanten erzeugen, nicht nur im Verkehrswesen, genau jene Verhaltensweisen, die die Gesellschaft in der Summe der Einzelentscheidungen mit Müll, Risiko und der Blechflut belasten. 2. Die Autogesellschaft - eine Ordnung, die nicht in Ordnung ist

Technikkonformes Verhalten wird beispielhaft im Verkehr eingeübt. Schon die Kinder werden in den Rahmen der Regeln der Straßenverkehrsordnung durch die sogenannte „Verkehrserziehung“ gepreßt. Früh lernen sie, nicht ihren Sinnen, sondern technisch vermittelten Informationen (Ampel rot, Straße leer, trotzdem stehenbleiben) zu glauben und gar zu vertrauen. Daß das Automobil stärker macht und den Tod bringen kann, daß es in der Familie fast ein Heiligtum ist, dessen Beschmieren oder Ankratzen mehr Geschrei verursacht als sonst ein Schaden, sind Erfahrungen, die später nicht verwundern lassen, daß 18jährige umgehend ein solch mächtig machendes Werkzeug erwerben und ihre jahrelange Unterdrückung durch dieses technische Ungetüm mit ebendiesem kompensieren wollen.

Das Auto hat - und es macht dabei nur vor, was andere hochvernetzte technische Systeme ebenfalls mit uns anstellen - eine völlig neue Organisation des Zusammenlebens erfordert, ja ganz wesentliche Bereiche des Lebens technisch bestimmt. In der Bundesrepublik ist nicht die Verfassung, sondern die Straßenverkehrsordnung die eigentliche Determinante des Alltagslebens. Wer schreibt uns vor, wie schnell wir gehen müssen? Ein Ausschuß von Verkehrsingenieuren, der eine RILSA (Richtlinie für Lichtsignalanlagen, unfachdeutsch also die Vorschrift für Ampeln) herausgibt, definiert, wie schnell wir eine Straße zu überqueren haben, um kein erhöhtes Todesrisko einzugehen. Ebenso steuern uns Verkehrsingeneure in Fallen: Auf Mittelinseln eingeklemmt zwischen aufheulenden Motoren bei Luftschadstoffwerten, die weit jenseits der vom VDI als zulässig erachteten liegen - dies ist als Zwiespalt von vornherein in der Ampelschaltung eingeplant.

Warum machen wir das mit? Die Frage ist hier leicht beantwortet: Nicht nur das staatliche Ordnungsrecht und die polizeiliche Sanktion lassen uns gehorchen, sondern der Fehltritt aus der engen zeitlichen Organisation der Zahnräder des städtischen Funktionslaufes ist mit erheblichem Risiko behaftet.

Nun ist die Ordnung des Verkehrs gerade nicht in Ordnung: Sie demonstriert nicht nur ständig die Überlegenheit des Motors, sondern legt sie auch faktisch fest. Die Unsicherheit und die Unbequemlichkeit des Zu-Fuß-Gehens und des Radfahrens ist praktisch eingebaut in diese Ordnung mit Wartezeiten, Pflichten und Rücksichten, die nur durch die Autos entstehen.

Das motorisierte Fahrzeug ist eine Technik, die ihr Risiko und ihre Folgen auf andere abwälzt. Noch um die Jahrhundertwende waren die Menschen überzeugt, wie bei jeder Technik habe der Betreiber eines Autos für alle Unfälle aufzukommen, der Fahrer sei also grundsätzlich immer, wie es heute heißt, „schuld“. Es kostete die junge Automobilindustrie viel Kraft, bis ein Haftpflichtgesetz verabschiedet wurde, das eben auch den im Wege Stehenden als haftbar anerkannte und die Grundlage für die heutige autofreundliche Straßenverkehrsordnung schuf.

Auch sonst fördert (teilweise gut versteckt) das Ordnungsrecht das Auto. So gibt es eine „Reichsgaragenordnung“, die dem motorisierten Vehikel bei großen Büros und Fabriken Abstellplätze sichert, aber keine Verordnung, die an solchen Stellen eine Erschließung durch Bus und Bahn vorschreibt. 3. Vom Verlagern

der Kosten

Treibt die Menschen nicht das Ordnungsrecht ins Auto, so hilft die Ökonomie noch nach. Ja, sie muß sogar helfen, denn billig ist die Autotechnik nicht. Als eindeutig subventionierte und vom Staat geförderte Technik war das Automobil sozusagen Vorreiter für die Großtechnik unserer Tage, und selbst die Atomtechnik liegt hier noch weit zurück.

Seit Lutz Wicke vom Umweltbundesamt, der immerhin der CDU angehört, die Zahl von 100 Milliarden DM pro Jahr in die Welt setzte, um die negativen Wirkungen des Automobils in Geld zu fassen, ist vielen klar geworden, daß das Auto auf Kosten der Umwelt fährt, was auch heißt, es fährt auf Kosten derer, die es nicht benutzen.

Seit wir besser verstehen lernen, was gesunde Lebensbedingungen „wert“ sind, gehen die Kostenberechnungen in die Höhe. Ernst Ulrich von Weizsäcker ist bereits bei 200 Milliarden DM pro Jahr angelangt, und es ist mittlerweile fraglich, ob die wahren Kosten überhaupt per Güterabwägungskalküle „verrechnet“ werden können.

Wo's direkt der Wirtschaft nützt, ist die Subvention noch offensichtlicher. Die in Europa massiv anwachsenden Lastkraftwagen tragen nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung noch nicht einmal annähernd die Kosten für die von ihnen zerstörten Verkehrswege. Kosten für soziale und ökologische Folgen werden selbstverständlich überhaupt nicht bezahlt. Wen wundert es da, daß jeder einigermaßen rechnerisch begabte Unternehmer diese Chance ergreift, seine Kosten auf andere zu verlagern.

Motorisierter Verkehr wächst also nicht automatisch, sondern ganz gezielt durch Ordnungspolitik und Ökonomie gewollt und bestimmt. Krokodilstränen weinen alle, die als Resultat einer angeblich „Freien Wahl der Verkehrsmittel“ das Anwachsen des Autoverkehrs bejammern, obwohl vorgeblich eigentlich der öffentliche Verkehr, Fußgänger und Radfahrer „Priorität“ genießen. 4. Wie sieht der Abgrund nun aus?

Ein plötzlicher Abgrund, der vollständige „Umweltinfarkt“, droht den Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gar nicht. Vorausgehen wird die lange Phase einer ökologischen Leidensgesellschaft, bei der - gemessen am jetzigen Standard - äußerst schlechte Lebensbedingungen vorherrschen werden.

Dies gilt natürlich besonders für die Menschen in der „Dritten Welt“, die vom Auto kaum profitieren. So fahren allein in Nordrhein-Westfalen heute mehr Autos als in ganz Afrika, und wir fordern von der „Dritten Welt“, gefälligst ihre Bäume stehen zu lassen. Während wir CO2 ausstoßen, soll die „Dritte Welt“ dies kompensieren.

Steigen werden bei uns durch die bereits fest prognostizierten 37 Millionen Autos allein für die Bundesrepublik und Berlin (West) in 2010 insbesondere: - die Lärmbelastung, - der Flächenverbrauch und - die Luftbelastung durch CO2, die ganz wesentlich für den sogenannten „Treibhauseffekt“ verantwortlich gemacht wird.

Alle anderen Schadstoffe stagnieren oder gehen nur leicht zurück, weil die Anzahl der Fahrzeuge und steigende Kilometerleistungen technische Fortschritte quasi „auffressen“. Daß allein Stagnation schon ein katastrophaler Zustand ist, geht wenigen auf: Ein auch nur konstanter jährlicher Schadstoffausstoß führt - insbesondere bei schwer abbaubaren Feststoffen - zu konstanter Anreicherung und fortwährend steigender Giftigkeit. Allein der Reifenabrieb (mit Cadmium, Zink u.a.) an einer städtischen Schnellstraße belastet den Randbereich mit 164 kg je Hektar und Jahr.

Hilft uns nun das Hoffen auf einen „Verkehrsinfarkt“, der neuerdings öfter beschworen wird? Es wird ihn nicht geben. Wie in allen spriralförmigen Wachstumsprozessen dieses Jahrhunderts ist das Hoffen auf einen selbsttätigen Zusammenbruch das Alibi fürs Wegdenken. Reserven bietet das Verkehrssystem durch Logistik und Organisation von Distribution und Produktion in der „Rund-um-die Uhr -Gesellschaft noch erheblich. Unsere Straßen sind etwa nachts noch bei weitem nicht voll. Bei anderer zeitlicher Organisation läßt sich die Leistungsfähigkeit sicher verdreifachen. Anderer Organisation freilich gegen die Menschen: Nachts wird es dann an Autobahnen und Straßen noch lauter, gerade dann, wenn wir schlafen wollen.

Die Warnung vor dem „Verkehrsinfarkt“ liegt allerdings im Interesse der auf noch breitere Straßen hoffenden Industrie. Sie hat ihre Produktionssysteme und Logistik bereits so eingestellt, daß ein optimaler, billiger und beschleunigter LKW-Transport über immer weitere Strecken integraler Bestandteil ihrer Produktionsplanung ist. Die Deutsche Bank hat sich in einer neueren Studie an die Spitze einer Lobby gesetzt, die mehr staatliche Ausgaben für Straßen fordert. 5. Über die Möglichkeit, noch die Kurve zu kriegen

Wenn sie wirklich wollen, können sich die Menschen von den scheinbaren Sachzwängen hin zum Auto einzeln befreien. Wir haben gesehen, daß Erziehung, Ökonomie und staatliche Organisation deutliche Präferenzen für das Auto schaffen, ja, autofreies Leben praktisch bestrafen. Dennoch: Die Vorteile, die Fahrrad, eigene Füße oder öffentlicher Verkehr haben, offenbaren sich in (zugegeben glücklichen) Momenten, wenn die Freiheit von Stau und Hektik Gelassenheit und Entspannung zuläßt.

Leben ohne Auto erfordert von Autonutzern Umstellungen, etwa bessere Organisation und Vorplanung, doch nach einer Weile lassen sich die Vorteile (etwa die Arbeitsmöglichkeit in Zügen) nutzen, und das Autoleben wird als Chaotik identifizierbar. So ist autofreies Leben sicher kein heroischer Akt - immerhin lebt auch heute noch ein Großteil der Bevölkerung ohne motorisierte Fortbewegungshilfe, gerade Rentner oder Kinder und ein Gutteil der Frauen.

Allerdings: Erst andere Politik, gesellschaftliche Vereinbarungen zwischen Menschen, wenn sie aus solchen Einzelinitiativen erwachsen, können sie auch produktiv machen. Wenn ich mein Automobil abschaffe, der freiwerdende Parkplatz es aber sofort für meinen Nachbarn interessant macht, einen Zweitwagen zu kaufen, weil er den dort gut abstellen kann, habe ich von meiner Entscheidung wenig. Oder, wie es Wolfgang Sachs sagt: Setzen allein auf die Konsumentenrationalität ist irreführend, „solange nicht sozusagen es eine soziale Sicherheit gibt, daß der andere ebenso vernünftig handeln wird wie ich“.

Daß es geradezu eine Sehnsucht in der Bevölkerung nach vernünftigeren Verhältnissen im Verkehrswesen gibt, zeigen alle Umfragen. Andere Verkehrspolitik, flächenhafte Verkehrsberuhigung auch auf den Hauptverkehrsstraßen, gar autofreie Stadt - solche Forderungen haben in der Bevölkerung deutliche Mehrheiten. Es fehlt eine Politik, die dies realisiert. Sie kann nur dezentral, auf der Ebene der Kommunen, entstehen. Die Menschen sind - auch eine Folge des Autos - zu Kommunikationsprozessen, Einigungen über sinnvolle Beschränkung, die allen nutzt, zwar nur schwer noch in der Lage. Doch von den Politikern, von oben, wird und kann die Lösung nicht kommen.

Einfach ist es nicht: Autoindustrie und die von deren Anzeigen abhängige Presse verdecken die Fakten, gleichzeitig mit einem Wust von technischen Informationen Objektivität suggerierend - vor allem Männer sind gern bereit, sich dem Selbstbetrug der Rituale des Geschwindigkeitswahns hinzugeben und die negativen Wirkungen zu verdrängen. So gelingt es Technikern und Ingenieuren immer stärker, die Menschen so zu organisieren, wie es die Technik erfordert, und ihnen dabei noch ein schlechtes Gewissen zu machen.

Denn als „menschliches Versagen“ gilt, wenn eine Technik unmenschlich konzipiert ist. „Die Gesellschaft wird mit der Technik nicht fertig“ ist ein ebenso beliebter Spruch, der kaschiert, daß Defizite der Technik auf Menschen abgewälzt werden. In der Folge wird unsere Gesellschaft nach Prinzipien der Maschinen immer prognostizierbarer und determinierter und hält in zwanghaften Trends auf ökologisch und sozial unverantwortbare Verhältnisse zu.

Da ist es denn fast typisch, daß ein pensionsreifer und andernorts gescheiterter Minister, Herr Zimmermann - wird ein Einsatzort für ihn gesucht - im Verkehrsressort Bleibe findet. Wenn dieser dann, groß angekündigt, wenigstens im LKW-Bereich für Ausländer die Transportkosten erhöhen will, am Ende aber herauskommt, daß die Kosten für alle LKWs gesenkt werden, regt sich kaum jemand auf. Eine Fehlleistung, die in den nächsten Jahren Tonnen von zusätzlichen Luftschadstoffen beschert, Tote produziert und den Abbau der Bahn beschleunigt, wird in den meisten Zeitungen unter „Vermischtes“ kurz gebracht und führt nicht einmal zu ernsthaften Rücktrittsforderungen.

Trotzdem zeigen Erfahrungen: Überall, wo die Menschen trotz aller Schwierigkeiten sich vereinbaren, etwa in verkehrsberuhigten Gebieten, geht es dem Auto tatsächlich schlechter. Überall dort, wo aus Initiativen der Menschen heraus das motorisierte Vehikel beschränkt wurde, hatte dies ökologische Vorteile und war erfolgreich. Selbst Städte in Nordrhein-Westfalen, die früher als Beispiele für betonköpfigen Straßenbau galten, planen mittlerweile auf Druck der Bürger Temporeduktion.

Freilich müssen sich die Forderungen weiterentwickeln. Es gilt dem Recht auf Mobilität (der ADAC hätte das gern in der Verfassung) das Recht auf Immobilität gegenüberzusetzen. Die Ansässigen müssen den Durchrasenden klarmachen, daß ihre Rechte vorgehen. Der Reisende muß sich den Einheimischen fügen, ihre Rechte achten. Schwerpunkte einer neuen Verkehrpolitik müssen also sein: - Autofreie Zonen, in denen die Bewohner auf eigene Fahrzeuge verzichten. - Kooperation von Haushalten zur Reduktion des Autobesitzes (gemeinsame Fahrzeugnutzung). - Lokale Emissionsreduktion von CO2 (die Gemeinde X entschließt sich, bis 2010 im Verkehr 50 Prozent weniger CO2 zu emittieren). - Intensive Diskussion der Belastungen von Menschen durch Autos, Festlegung verträglicher Werte, Anpassung der Verkehrsmenge an die Grenzen der Verträglichkeit. - Dezentralisierung der Kompetenz für den öffentlichen Verkehr, Regionalisierung der bisher nur am Fernverkehr interessierten Bundesbahn. - Das Recht auf die Wahl eines autofreien Lebens muß gewährleistet werden.

Daraus ergeben sich logisch aufbauend Anforderungen an übergeordnete Politik: - Belastung der Fahrzeuge mit den ökologischen Folgekosten und - eine Ordnungspolitik, die den Vorrang des Autos beseitigt. Beschränkung des Verbrauchs, sinnloser Leistung und Belästigung, also: Abschaffung des „Tempomobils“.

Verkehrstechnik ist, wie gezeigt, sozial und politisch wirksam. Daher sind die sozialen Auswirkungen einer anderen, neuen Politik ebenfalls beachtlich - es muß aufgepaßt werden, daß nicht wieder die profitieren, die, wie anfangs bei der Verkehrsberuhigung, sowieso zu den oberen Schichten gehören.

Die Herrschaft des Autos ist kein unauslöslicher Bestandteil unserer Ökonomie, die sich auch in der Energiepolitik von Techniken der Vergangenheit lösen könnte. Verkehrssparen ist ihr möglich, wie ihr Energiesparen möglich ist. Freilich liegen Herrschaft von Technik und Kapital äußerst nahe beieinander. Die Auseinandersetzung um die Zukunft des Autos ist ein Beispiel für die Klärung der Frage, ob wir Technik uns anpassen können oder ob sie uns verwaltet. Erst wenn wir dies verstehen, wird eine Gegenstrategie klarer. Stellen wir uns vor, ein Autofahrer stünde im Stau, haute aufs Lenkrad, und brüllte: „Das ist mir zu dumm!“ Wir sind viel weiter, wenn er merkt, daß er es ist, der dumm ist.

Professor Helmut Holzapfel ist Verkehrsplaner im Düsseldorfer Verkehrsministerium

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