piwik no script img

Das Enthaupten von Hähnen

Daß die Spanier mit männlichen Rindviechern nicht besonders freundlich umgehen, ist allgemein bekannt. In den als Sport getarnten Corridas geht es blutig zu, und das starke schwarze Rind zieht fast immer den Kürzeren. Beim Stiertreiben (das seit Hemingway berühmteste findet jedes Jahr im Juli in Pamplona statt) haben die Tiere wenigstens noch eine reele Chance, es ihren Peinigern heimzuzahlen. 33 Verletzte gab's letztes Wochenende bei den dreitägigen Encierros in Leganes, einer Satellitenstadt im Süden von Madrid. Bei dem traditionellen Stiertreiben werden die Kampfstiere durch eingezäunte Straßen der Stadt zur Arena getrieben. Hunderte mehr oder minder

junge und bescheuerte Männer rennen unter dem Anfeuerungsgeschrei der Zuschauer möglichst dicht hinter ihnen her, um ihren Mut zu beweisen.

Mit dem „sportlichen“ Abschlachten der Rinder will Frankreichs prominenteste Tierschützerin, Brigitte Bardot, jetzt Schluß machen. Sie bat den spanischen Regierungschef Felipe Gonzales um einen Gesprächstermin, um über ein Verbot von Stierkämpfen zu sprechen, in denen sie nichts anderes als ein „barbarisches und archaisches Spektakel“ sieht. Ich wünsche ihr viel Erfolg.

Danach kann sie sich dann gleich um das liebe Federvieh kümmern, deren grausame Hinrichtung dient ebenfalls der Volksbelustigung in Spanien. So kam es letzten Samstag im Rahmen der Dorffestlichkeiten der Ortschaft Nalda zu mehreren Enthauptungen von Hähnen. Bei dem an

geblich aus dem 15.Jahrhundert stammenden Ritual werden die Hähne mit zusammengebundenen Füßen und mit dem Kopf nach unten an ein Seil, das über eine Straße gespannt wird, aufgehängt. Acht Reiter müssen im Galopp unter den Tieren

durchreiten und versuchen, ihnen den Kopf abzureißen. Das makabere Schauspiel wird von zahlreichen Schaulustigen, die von weither anreisen, beobachtet. Das spritzende Blut, die Angstschreie der Hähne und die Anfeuerungsrufe geben dem Spektakel, das sich die Leute von Nalda nicht nehmen lassen wollen, den richtigen Pfiff. Der Vorschlag von Tierschützern, den Wettbewerb mit toten Vögeln durchzuführen, wurde abgelehnt. „Das Volk will Hähne mit Reitern und Pferden“, war auf einem Transparent zu lesen.

Sieger wurde in diesem Jahr der 18jährige Rekrut Angel Gutierrez, dem es gelang vier Hähne im Handbetrieb blutig zu enthaupten. Zu den Protesten meinte er lapidar: „Die vier, die ich geköpft habe, kommen heute abend auf den Tisch.“

Karl Wegmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen