Maßregelvollzug - Scheitern oder Chance?

Berlin. Das Bezirksamt Reinickendorf veranstaltet vom 27. bis zum 29. August 1990 zusammen mit der Karl-Bonhoeffer -Nervenklinik (KBoN) das 1. Forensisch-Psychiatrische Symposion Berlin. Forensische PatientInnen sind straffällig gewordene Menschen, die aufgrund psychischer Erkrankungen nicht voll schuldfähig sind und deshalb in den „Maßregelvollzug“ eingewiesen werden. Ob der Maßregelvollzug eine Chance für die Resozialisierung ist oder ob er zum Scheitern verurteilt ist, ist die Frage, der sich ExpertInnen drei Tage lang widmen wollen. Mit besonderer Spannung werden die Vorträge sowjetischer Professoren erwartet. Ulrich Giese, Leiter der forensischen Abteilung der KBoN, rechnet auch mit kontroversen Diskussionen über den Aufbau der Forensik in der DDR.

Wichtig ist den Veranstaltern der Austausch mit der Justiz. Oftmals sähen die juristischen Verantwortlichen im Maßregelvollzug lediglich die Sicherung der Straffälligen, so Giese, also eine Art Abschiebung. Der Auftrag an die Forensik ist aber die Sicherung und Besserung der PatientInnen. Giese erwartet von der Justiz, daß sie „mehr Verständnis für die Menschen“ aufbringt. Auch in der Öffentlichkeit möchte Giese für Aufgeschlossenheit gegenüber den Problemen forensischer PatientInnen werben. Die Stärkung des Selbstbewußtseins und ein fester Bezug „nach draußen“ brächten die höchsten Heilungschancen.

chrib