Was halten Sie von der Einheit am 3.10.?

■ Ist es nun zu früh, zu spät oder gerade richtig? / Berliner Prominente und Leute von der Straße geben Auskunft zum Datum der deutschen und damit auch Berliner Einheit am 3. Oktober / Eine aktuelle Umfrage der taz-Berlin

Jetzt steht es also endlich fest: Am 3. Oktober tritt die DDR der BRD bei. Was Politiker aus Ost und West dazu sagen, lesen Sie auf den vorderen Seiten der taz. Hier kommen Berliner und Berlinerinnen zu Wort. Etwa

Jürgen Kuczynski, Philosoph aus Ost-Berlin: „Das ändert die Situation nicht. Die Katastrophe in der DDR geht weiter. Die Krise in der BRD kommt etwas früher. Denken Sie nur an die Kosten: Katastrophe in der DDR, Krise in der BRD.“

Oder Hermann Treusch, Intendant der Freien Volksbühne in West-Berlin: „An diesem Tag hatte die große Eleonora Duse Geburtstag. Ich habe bis drei Uhr nachts vorm Fernseher gesessen und mir die Debatten angesehen. Meine private Meinung: Die spinnen, die Römer.“

Und Lutz Rathenow, Schriftsteller aus Ost-Berlin, sagt: „Mir ist es wirklich ziemlich egal, ob wir am 3., 5. oder 11. Oktober oder am 7. November beitreten. Ich finde die Diskussion sowieso etwas putzig.“

Eindeutig äußert sich Jürgen Wohlrabe, Präsident des Westberliner Abgeordnetenhauses: „Jetzt wissen die Menschen, woran sie sind. Die Einheit ist kein Traum mehr. Die Einheit wird Realität. Möge dieses Bewußtsein unser Handeln in der Zukunft prägen!“

Die taz befragte am Bahnhof Friedrichstraße auch ein paar „Normalverbraucher“.

Für Helmut Richter aus Ost-Berlin hat das alles viel zu lange gedauert: „Eigentlich hätte der Zusammenschluß noch viel schneller vonstatten gehen müssen.“ Auch Ilona Heide aus Osnabrück begrüßt den Anschlußtermin: „Finde ich toll, daß es nun endlich soweit ist. Schließlich war ich auch mal Ostberlinerin, da freut man sich doch.“

Bedacht äußert sich dagegen Brigitte Steinhäuser: „Ich kann mich darüber überhaupt nicht freuen. Wenn für uns jetzt mit der Vereinigung auch die westdeutschen Preise gelten Miete, Strom, Gas und so weiter -, also da habe ich früher besser gelebt.“ Detlef Protsch scheint über die Entwicklung ebenfalls nicht in Freudentränen auszubrechen: „Ob ich über den Anschlußtermin glücklich bin? Teils, teils. Verkauft sind wir sowieso, und bei der Regierung, die wir im Moment haben, da kann man eigentlich bloß froh sein, daß das ein Ende hat. So werden wir wenigstens wieder von kompetenten Leuten regiert. Denn unsere Regierung hatte doch sowieso nichts mehr zu sagen.

Ingrid Birnbaum wehrt ab: „Ach, hören Sie bloß auf, das kann man ja schon nicht mehr hören. Diese ganze Terminrangelei - sogar den 11.11. hatten sie ja schon vorgeschlagen. Wenn jetzt aber der 3. Oktober feststeht, dann geht das in Ordnung.“ Durch und durch zufrieden mit dem Vereinigungstermin ist Dr. sc. Harry Brückner, Zahnarzt: „Das hat viel zu lange gedauert. Von dem Zusammenschluß erwarte ich in absehbarer Zeit einen wirtschaftlichen Aufschwung, und daß wir - entsprechend unseren Leistungen auch ordentlich bezahlt werden. Endlich ist mit der Mangelwirtschaft Schluß. Schließlich wurde ja gerade in meinem Beruf die reinste Mangelverwaltung betrieben.“

Auf der Straße und am Telefon fragten: Anne Strandt, Christe

Blanke und Olaf Kampman