Mendiburu hält an Berliner Linie fest

■ Gespräch mit dem Friedrichshainer Bürgermeister über neue Verträge mit den Hausbesetzern in seinem Bezirk und das Problem der Straßenumbenennungen / Mendiburu besorgt über zunehmende Intoleranz gegenüber ausländischen MitbürgerInnen

Friedrichshain. Die Besitzverhältnisse von vielen besetzten Häusern im Stadtbezirk Friedrichshain sind nach wie vor nicht endgültig geklärt. Dies erklärte gestern Bezirksbürgermeister Helios Mendiburu (SPD) gegenüber der taz. So seien gerade in der Mainzer Straße viele Häuser, die erst in den achtziger Jahren vom Staat enteignet und in „Volkseigentum überführt“ worden sind. „Wir haben bisher noch keine Übersicht“, so Mendiburu, „wer von den ehemaligen Besitzern welches Vermögen angemeldet hat.“ Würden die Besetzer die vom Magistrat angebotenen Einzelverträge akzeptieren, unterlägen sie automatisch dem Mieterschutz.

Auf seine reservierte Haltung gegenüber dem „Vertragsgremium Besetzte Häuser“ angesprochen, meinte Mendiburu: „Dieses Vertragsgremium sagt 'her mit den Häusern, her mit dem Geld und wir machen was aus den Häusern. Die Verträge dazu müsse mindestens dreißig Jahre laufen.‘ Darauf können wir uns nicht einlassen.“ Wenn die Besetzer, die zu einem hohen Prozentsatz aus der Bundesrepublik und West-Berlin stammten, mit den dortigen Behörden schlechte Erfahrungen gemacht hätten, könne er dafür nicht verantwortlich gemacht werden. Mendiburu: „Wir machen eine ernsthafte und ehrliche Politik.“ Mendiburu betonte, daß er an der Durchsetzung der sogenannten „Berliner Linie“ festhalten werde: „Wir haben vierzig besetzte Häuser im Stadtbezirk. Das einundvierzigste in der Kintzigstraße, das nach dem Magistratsbeschluß besetzt wurde, erkennen wir nicht an.“ Der Stadtbezirk könne sich Neubesetzungen nicht mehr leisten, da auch diese Häuser dann Mittel benötigten, um die Gebäude winterfest zu machen.

Diese Mittel seien aber nicht vorhanden. Auch hätte er von westlichen Baufirmen bereits Angebote zur flächendeckenden Sanierung des Bezirks erhalten: „Die haben uns Sanierungskonzepte vorgelegt und ihre Bereitschaft erklärt, zwei Milliarden DM zu investieren. Nur haben diese Konzepte natürlich ihren Pferdefuß - danach könnte wohl kaum noch einer die neuen Mieten bezahlen.“ Quadratmeterpreise von acht bis zehn DM Kaltmiete wären dann zu erwarten - das entspräche fast dem Durchschnittseinkommen eines DDR -Bürgers. Mendiburu: „Das haben wir dann dankend abgelehnt.“

Zur Frage der Straßen Um- und Rückbenennung vertrat der Bezirksbürgermeister, die Ansicht, daß dies in einem längeren Zeitraum geschehen sollte. Einstweilen seien nur zwei Straßen des Bezirks davon betroffen. Auch wolle man in dieser Frage behutsam vorgehen: „Eins ist klar - Straßen die nach antifaschistischen Widerstandskämpfern benannt worden sind, werden ihren Namen behalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob es nun Kommunisten, Sozialdemokraten oder Christen waren.“ Anders sähe die Sache aber zum Beispiel bei der Leninallee aus. Lenin habe den Grundstein zum Stalinismus gelegt, habe dafür gesorgt, daß demokratische Grundsätze abgeschafft wurden. Doch auch bei der Leninallee wolle man nicht Hals über Kopf verfahren - zumal diese Straße durch drei Stadtbezirke führe und eine Umbenennung mit den anderen Bezirken abgestimmt werden müsse.

Zu Beschwerden über die Handelstätigkeit von ausländischen Bürgern im Bereich des Hauptbahnhofs teilte Mendiburu mit, daß er sich mit den Beschwerdeführern sowie Vertretern der Polizei, des Magistrats und seines Bezirksamtes an einen Tisch setzen wolle. „Ich habe manchmal den Eindruck“, so Mendiburu, „als würden die DDR-Bürger immer intoleranter.“ Man könne nicht immer nur von anderen Toleranz verlangen, man müsse es auch selbst den anderen gegenüber sein.

Olaf Kampmann