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Neue Regeln für Wohnungssuchende

■ Magistrat beschloß neue Regeln zur Wohnraumvergabe / Wohnberechtigungsscheine wie in West-Berlin / Warteschlangen der Wohnungssuchenden in Ost-Berlin werden nicht kürzer

Ost-Berlin. Die Belegungsrechte für Sozialwohnungen in Ost-Berlin regelt künftig eine Verordnung, die der Magistrat gestern beschlossen hat. Danach ist vorgesehen, die rund 375.000 Wohnungen im kommunalen Eigentum und die 106.000 Genossenschaftswohnungen als Sozialwohnungen einzustufen. Für ihre Vergabe ist ab 1. September nach Westberliner Vorbild ein Wohnberechtigungsschein erforderlich. Die bisher erteilten rund 3.000 Zuweisungen gelten weiterhin, erklärte der stellvertretende Stadtrat für Stadtentwicklung, Wohnungen und Verkehr, Günter Fuderholz, vor der Presse. Die bisherige Wohnraumlenkungsverordnung läuft entsprechend eines Volkskammerbeschlusses Ende August aus.

Die rund 80.000 Berliner Bürger, die in der Vergangenheit bereits einen Wohnungsantrag gestellt haben, erhalten automatisch einen Wohnberechtigungsschein zugesandt. Darunter seien schätzungsweise 15.000 Fälle mit Dringlichkeit. Um die Warteliste rasch abzubauen, fehlten bezugsfertige Neubauwohnungen, räumte Fuderholz ein.

Ab sofort habe jeder DDR-Bürger die Möglichkeit, einen für ein Jahr gültigen Wohnberechtigungsschein (WBS) beim Wohnungsamt zu beantragen. In der BRD ist das nur abhängig von einem bestimmten Einkommen möglich. Chancen auf eine Wohnung haben zur Zeit aber nur diejenigen, die einen WBS mit Dringlichkeit vorweisen könnten, räumte Fuderholz ein. Ihnen hilft das Wohnungsamt: Dem Vermieter werden drei Bewerber mit Dringlichkeitsschein vorgeschlagen, aus denen der Vermieter auswählen kann. Weiterhin legte der Magistrat Kriterien zur Vergabe der Berechtigungsscheine mit Dringlichkeit fest. An erster Stelle gehören dazu Familien mit einem Kind ohne eigenen Wohnraum oder in einer zu kleinen Wohnung. Außerdem können Schwerbehinderte und Rentner, die in schlechten Wohnverhältnissen leben, einen Dringlichkeitsschein ergattern.

Fuderholz bestätigte weiter, daß die Magistratsverordnung nicht in derzeitige Mietverhältnisse eingreift. In West -Berlin ausgestellte Berechtigungsscheine seien nur dort und ebenso Ostberliner Berechtigungsscheine nur in diesem Stadtteil gültig. Westberliner können einen in Ost-Berlin gültigen WBS mit Dringlichkeit erst dann erhalten, wenn sie ein Jahr lang mit ihrem Hauptwohnsitz in Ost-Berlin gemeldet sind.

Völlig frei ist künftig die Vermietung von Wohnungen in Privatbesitz. Von insgesamt 150.000 privaten Wohnungen würden jedoch 80.000 nach wie vor von städtischen Gesellschaften verwaltet und wie Sozialwohnungen behandelt, sagte Fuderholz. Von den verbleibenden Privatwohnungen werde die Hälfte von den Eigentümern selbst bewohnt, so daß nur etwa 35.000 Privatwohnungen wirklich frei vermietbar seien. Fuderholz schätzte, daß hier 1990 noch 600 Wohnungen freiwerden könnten, im nächsten Jahr 1.750.

Die Berliner Mietergemeinschaft warf dem Magistrat gestern vor, die neue Verordnung sei „unausgereift und unvollständig“. So werde die auch für private Wohnungen geltende Mietpreisbindung jetzt schon umgangen. Außerdem könnten ab dem 1. September Makler auch in Ost-Berlin tätig werden. Fuderholz wies die Kritik zurück. Die Wohnungen in Privatbesitz stellten ein „relativ kleines Segment“ dar; Makler könnten nur Privatwohnungen vermitteln, weil sie von städtischen Gesellschaften nicht eingeschaltet würden.

adn/taz

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